Stille Kometen

Wieder ein bißchen Lyrik, da habe ich meine zwei letzten Wochenenden bei experimentellen Lyrikfestivals verbracht, denn die Lyrik in Österreich scheint sehr experimentell zu sein, in der “Gesellschaft” bin ich auch vor kurzem bei einem Lyrik-Abend gewesen und vor zwei Wochen im Literaturhaus bei einer GAV-Veranstaltung, wo unter anderen Angelika Stallhofer ihren Gedichtband vorstellte, der von Andrea Zambori sehr schön illustriert wurde. Das blaue Buch ist in der “Edition ch” erschienen und Günter Vallaster, der Herausgeber hat es mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt, Angelika Stallhofer, deren “Adrian” , ich gelesen habe, wie auch bei den “Wilden Worten” hörte, hat es mir auch für das “Literaturgeflüster” signiert.

Das Buch ist in fünf Teile geglieder “Brennen – Wasserstellen-Surren-Schlingen-Schwebebahn” und enthält meist sehr kurze Texte.

So finde ich bei “Brennen” “Vorsichtig setze ich ein Wort vor das andere” oder “Alle Lungen sind farbgleich alle Nieren alle Herzen und Hirne”, “Aus meinem Kopf wachsen Amseln aus meinem Mund fliegen Drosseln losgerissen singt der ewige Vogel”

Bei den “Wasserstellen” finde ich “Was ich werden wollte Groß und nieniert (nicht klein und kariert”, das hat mir schon bei der Lesung sehr gut gefallen, sowie unter “Herkunft: Der Schlaf ist mein Vater -die Müdigkeit meine Mutter -vielleicht bin ich nur geträumt” oder “Ich bin so müde ich bin ein Berg ihr könnt mich nicht versetzen ob ihr glaubt oder nicht”, sowie “Womöglich gibt es keinen roten Faden- vielleicht ist er grün oder gelb oder blau”

Bei “Surren” gibt es “Fragen- Was sag was schreib ich über den Krieg- mit welchem Wort soll ich mich vor den Frieden stellen – und soll ich es laden”

Bei “Schlingen” findet man die “Letzte Nacht: Ich habe letzte Nacht von Italien geträumt- es war schön aber ich habe mich darin verfahren” und dann gibt es “Paliano”, wo sich glaube ich, eine österreichische Stipendiumswohnung befindet, wo Angelika Stallhofer, vielleicht einmal war “Auf der Terasse tummeln sich die Eidechsen- das Rasen und Rennen- bin zu lanngsam für ihren Tanz”.

In der “Schwebebahn” gibt es die titelgebenden “Stillen Kometen: Wer liebt schon die stillen Kometen den glatten Stein die fahrige Bahn das Zickzack der Hände das Scherengeschlecht die Spitzen ungebundener Enden”.

Sehr schön ist auch das “Und vice versa- Einer hat das Salz -der andere die Wunde”. Die “Wildnis” gibt es auch “Ich denke jeden Tag an die Füchse und Eulen in deinem Haus und setze mich zwischen sie wenn ich nicht mehr kann”. Zum Schluß kommen noch die “Zweifel: Es gibt Tage da will ich dir einen Bären aufbnden -und Tage da habe ich Angst es ist schon geschehen”

Ein schönes Buch sowohl von der Ästhetik, als auch inhaltlich jeden sehr zu empfehlen, der sich ein bißchen in die moderne und auch allzu experimentelle Larik einlesen will.

Adrian oder die unzählbaren Dinge

Jetzt kommt noch ein Buch von der Longlist des Bloggerdebuts und eines der vier “Kremayr&Scheriau- Herbstbücher”, von denen mir Tanja Raich schon im März in Leipzig den Katalog in die Hand gedrückt hat, dann sind zwei der vier Bücher erst verspätet gekommen.

Ich habe die 1983 in Villach geborene Angelika Stallhofer, die Marlen Schachingers “Schreibakademie” eine Ausbildung machte, schon im November bei Richard Weihs “Wilden Worten” aus ihrem Debut lesen gehört und als dann kurz darauf die Nachricht mit der Shortlist kam, habe ich sie mit Verena Stauffers “Orchis” verwechselt und gedacht, fein, da kann ich das Buch vorziehen, war aber nicht so und so habe ich wieder ein poetisches Debut aus der “Kremayr & Scheriau-Literaturschiene” und ein Stückchen neuerer österreichischer Frauenliteratur gelesen.

Was mir mißfällt an dem Buch, ich schreibe es gleich und da werden mir wahrscheinlich einige widersprechen, ist das Cover, ein Ausschnitt aus einem “Botticelli-Bild”, das in dem Roman, glaube ich, auch vorkommt.

Aber ich mag keine barocken Gemäde auf Buchumschläge und “Kremayr&Scheriau” hat eigentlich sehr sehr schöne Cover mit grafischen und geometischen Muster, die mir viel besser gefallen.

Nun bin ich eben eine Puristin und da kommen wir schon zu den Stärken, denn eigentlich habe ich gedacht, wieder ein poetischer Sprachrausch, wie man das jetzt eben in den literarischeren Schreibschulen so lernt und kann  sagen, poetisch ist es schon aber mit einem sehr sachlichen modernen Einschlag und ein sachliches Cover hätte wahrscheinlich auch besser zu dem eigentlich sehr modernen Thema gepaßt.

Adrian, der Held und Protogoniost, “Adrian in Adreanalin”, wie es seine Freundin, Anna die Schriftstellerin, vielleicht Angelika Stallhofers Vorbild, ist Werbecover, hat für seine Spots eine Kunstfigur namens Max Beier entwickelt, deren Sinn und Aufgabe für mich eigentlich nicht ganz klar herauskam.

Er arbeitet jedenfalls für eine Werbefirma. Seine Chefin Beate hat dottergelbe Schuhe, dann gibt es noch einen Christof, mit denen geht er zu einem Geschäftsessen. Dazu kommt noch der “Häusermann” der eine smarte Wohnanlage für die Reichen und die Schönen, die mehr Sicherheit wollen, baut.

Man sieht das Buch ist brandaktuelle, sogar die Slogans der Donnerstagsdemos  kommen darin vor, obwohl das Buch ja im Frühling zumindest schon angekündigt war.

Es ist auch sehr poetisch so kommen immer wieder Redewendungen vor und da schreit Beate, bevor der “Häusermann” erscheint, immer wieder lautstark “Wir arbeiten nicht für den Hugo” durch den Raum. Das ist wahrscheinlich das originelle an Angelika Stallhofers Sprachkunst.

Im zweiten Teil zieht dann Adrian mit einer Smartwatsch versehen am Handgelenk für eine Woche probewohnen in so ein Smarthaus ein und was dann geschildert wird, ist eigentlich gar nicht so originell sondern im Großteil schon das, was ich in einem “Miele-Katalog” gefunden habe, als ich mich noch für den “Siemens-Literaturpreis” beworben habe.

Das Haus hat also dreiunddreißig Kameras, die Adrian überwachen oder ihm im Gegenteil ein Gefühl der Sicherheit und ihm von den Gefahren, die beispielsweise die bösen Asylwerber auf ihn ausüben können, bewahren sollen. Der Smartspiegel begrüßt ihn freundlich mit “Guten Morgen Adrian!” und zählt seine Falten, der Kühlschrank verweigert ihm das Essen, denn er ist zu seiner Sicherheit auf Diätgesetz und die Schritte, die er täglich machen soll, werden ihm auch vorgezählt.

Aber eigentlich und das habe ich nicht so ganz verstanden, ist es ja die Werbefigur Max Beier, die in den Haus leben soll und die sitzt auch Adrian im Nacken und hat ihr Eigenleben und Adrian ist außerdem auf Anna eifersüchtig, weil die, während er ja das Smarthouse testen soll, mit einem Peer auf einem Literaturfestival ist.

Dann gibt es noch einen Gabriel und ein Kind und Adrians Vater, der in einem teueren Pflegeheim sitzt, so daß die Arbeit eigentlich nicht für den “Hugo” sein sollte und eine Tante Grete gibt es auch.

Eigentlich ein interessantes Thema für einen poetischen Roman, obwohl das mit den Kühlschränken, die einem das Essen verweigern, schon beschrieben wurden, während ich anderes sehr wohl sehr aktuell fand. Es gibt auch immer wieder Anspielungen auf das Schreiben,  Bücher kommen vor und ich habe wieder Mal ein interessantes Buch einer interessanten jungen Autorin gelesen und bin gespannt, was ich noch von ihr hören werde.

Angelika Stallhofer bei den Wilden Worten

Angelika Stallhofer

Angelika Stallhofer

Nach der intensiven vorigen Woche, mit drei Lesungen, der österreichischen und der europäischen Buchpreisverleihung und Buch-Wien ist es heute gleich weiter mit der Literatur gegangen. Zwei Termine standen zur Auswahlt.

In der “Alten Schmede” wurde Vladimirs Vertib neuer Roman “Viktor hilft” vorgestellt, den ich schon auf der “Buch-Wien” auf der “Standard-Bühne” hörte, das Buch aber nicht habe und Richard Weihs stellt die 1983 in Villach geborenen Angelika Stallhofer mit ihren Debut “Adrian oder Die  unzählbaren Dinge” vor, wo ich das Buch in meinen Regalen liegen habe, die Autorin aber noch nicht kannte.

Ich entschied mich für Richard Weihs und seine “Wilde Worte”, von dem ich mir das letzte Mal ein Gedicht für die “Magdalena Kirchberg” gewünscht habe, traf Luis Stabauer und noch ein paar bekannte Gesichter dort. In dem Buch geht es um den Werbetexter Adrian, der mit einer Autorin namens Anna zusammenlebt und offenbar immer mehr in die schöne Smartphone Welt abgleteitet.

Bei der Diskussion gab es keine Fragen aus dem Publikum, dafür vom letzten Mal achtzehn Wunschgedichte. Eines davon war, wie beschrieben meines, das mir auf dem ersten Blick gar nicht so passend erschien:

“Magdalena Kirchberg sag was tust du da? Seit Stunden schon

sitzt du an der Kreuzung in deiem weißen BMW und bloggst

einen Roman von ungeheurer Länge in dein schwarzes Smartphone!

Sag siehst du nicht? Die Ampel springt von Rot auf Grün auf Rot

und bald schon, Magdalena Kirchberg, bald schon bist du mausetot.”

Das ist nicht so ganz das, was meiner Magdalena Kirchberg in meinem Roman widerfährt, von dem ja seit Anfang November, der absolute Rohtext steht und jetzt korrigiert werden sollte. Dann dachte ich beim Hören aber, vielleicht passt es doch und kann  als Neugiermacher verwendet werden.

Einen freien Wildbahn-Leser gab es auch, der unter einem Pseudonym aufgetreten ist, Gedichte las, die Zettel dann auf den Boden rieseln ließ und den ich schon bei der letzten Sprachkunstlesung im Literaturhaus hörte.

Waren sehr spannend die heutigen “Wilden Worte” jetzt muß ich das Buch noch lesen, was allerdings noch ein wenig dauer wird, weil ich derzeit noch beim Wollf Wondratschek bin. Das Cover, das ein “Botticelli-Motiv” zum  Inhalt hat, gefällt mir aber, das kann ich schon verraten, nicht so sehr!