Biedermeiern

Da ich die nächste Zeit infolge meines Knöchelbruchs vom Sonntag derzeit nicht auf die Donnerstagdemos gehen kann, passt das folgende Buch, nämlich Livia Klingls “Biedermeiern”, das ich im Krankenhaus von St. Pölten gelesen habe, ganz besonders, geht es da doch um die Facebookeintragungen, der 1956 in Wien geborenen Journalistin und Publizistin, die, glaube ich, seit ihrer Pensionierung auch Romane schreibt, die sie schön mit Zeichnungen garniert, Strache, Kurz und co sind da zu sehen, seit sechzehnten Oktober 2017, einen Tag nach der Wahl, die uns die zweite schwarz blaue Regierung bescherte, begonnen hat.

“Biedermeiern – politisch unkorrekte Betrachtungen”, heißt das kleine im Stil einer altmodischen Tapete, mit dem kleinen Guckloch in der Mitte aus dem Kurz und Strache mit einer Zigarette herausschauen, gestaltete Büchlein, das Livia Klingls Facebookeintragungen bis zum vierzehnten November 2018 wiedergeben.

“übrigens: an diesem Wahlergebnis sind die INländer schuld! na gut, dann werde ich eben biedermeiern lernen, diesen Rückzug ins private, weil das politische nicht dem entspricht, was es sein sollte: zukunftsmutig statt zukunftsverdrossen. viel glück, euch wählern und innen, mit der neuen truppe!”, heißt es etwa am ersten Tag.

So sollte es natürlich nicht sein und ist es auch nicht, denn es gibt ja Livia Klingls Facebookeintragungen, die Donnerstagsdemo und am Samstag eine Großdemonstration, die ich leider versäumen werde, die “Omas gegen rechts”, die den Unmut der deutschen Patrioten erregen und noch vieles andere und so schauen wir uns kurz oder eher lang durchs Buch, um nicht mißverständliche Assoziationen zu wecken, um den Wiederstand  zu stärken.

Sebastian Kurz, der ja nach wie vor eher wie ein Schüler, als ein Bundeskanzler ausschaut, wird kurz oder lang “Bubenkanzler” genannt und am vierten Tag heißt es wieder bündig “ich höre dauernd “ich will nicht ins rechte eck gestellt werden” ganz einfach: dann stell dich nicht dorthin!”, während die Botschaft von Tag 24 lautet “früher hatte ich keinen respekt vor politikern, weil ich jung und ahnungslos war. heute hbe ich keinen, weil die jung und ahnuingslos sind.”

Das wurde am neunten November 2017, also an meinem Geburtstag geschrieben, wo ich wieder auf der “Buch-Wien” war.

Am 17. November17 wird geschrieben “am effektivsten in österreich ist das burka-gesetz. hab`schon ewig keine gesehen. genau genommen seit 2002, seit ich aus afghanistan zurück bin.”

Ja so ist es mit dem “getrübten” oder sehr verschiedenen Blick, je nach dem von welcher Seite man das Ganze betrachtet und ich kann hinzufügen, in der “Unsichtbaren Frau” geht es auch, um das Verschleierungsverbot, das ja im Oktober 2017 kurz vor der Wahl eingeführt wurde, um die Wähler wahlfreudiger zu stimmen.

Am achtzehnten Dezember, am Tag der Regierungsangelobung, gibt es die Gesichter “der Regierungsmitglieder, also die, die mir irgendwie aufgefallen sind” und am 24. Dezember die Karrikatur der “Ersten Weihnachtsansprache des neuen im Kanzleramt”

“biedermeinr, tag 78”, dem ersten Jänner 18, lautet “meine wünsche sind bescheiden. ich hätte gern ein weiches ei und weltfrieden”.

Das erste ließ sich sicher erfüllen, das zweite höchstwahrscheinlich leider nicht und dann setzt sich “die neue Regierung gleich ins schloss seggau und setzt den sparstift an”

Am 9. Jänner heißt es lapidar “liebe junge, erwerbt eigentum! was sonst können wir euch wegnehmen, wenn ihr  mit 50 ausschuß am arbeitsmarkt seid? euer Sebi” und am 23. April ätzt Livia Klingl “der praterstwern ist lebensgefährlich. aber kabul ist ein sicherer herkunftsort, auch für die, die gar nicht aus kabul kommen”

Das Eine bezog sich auf die Reform der Minderssicherung, das Zweite auf den Praterstern, als Hochsicherheitszone und am 24. Mai wird es etwas friedlicher, denn da heißt es “baba mei Buagamasta-Michael Häupl geht nach einem vierteljahrhundert.”

Am Tag 323 , dem zweiten September, wird es wieder sarkastischer “ehrlich gesagt waren mir die zeiten lieber, als viele wenigstens so taten, als wären sie zivilisiert”.

Mir auch, obwohl, wenn es am Tisch liegt, weiß man was gespielt wird und kann darauf reagieren.

Am 22. September gibt es ein eher “angefressenes Konterfei des neuen Bürgermeisters, mit der Unterschrift “herr Ludwig kann seine  begeisterung über die neue spö-chefin kaufm verhehlen”, denn da es gab es bei der SPÖ einen Führungswechsel, Ex-Kanzler Kern hat sich verabschiedet, Pamela Rendi-Wagner ist ihm nachgefolgt und muß sich in der >Männerriege durchsetzen lernen.

Und am Tag 357 heißt es “ein pferd ersetzt zehn beamte”, sagt herr Strache und ich frage mich: wobei”, das bezieht sich auf die berittene Polizei, die sich Minister Kickl wünschte und am Tag 361 heißt es “liebe österreicherinnen und österreicher, ich bitte euch, ruhig zu bleiben und nicht in panik zu geraten, nur weil frauen jetzt auch frauen heiraten dürfen und männer männer. niemand wird dazu verpflichtet! es gibt keinen zwang! ich selber machs ja zum beispiel auch nicht. euer fiktiver <kanzler”

Am 31 Oktober heißt es “habe gelesen, der 1. november wird aus rücksicht auf die muslimische minderheit in Allaheiligen umgetauft (wer aller  schnappt jetzt gleich über?)” und wir sind durch ein Jahr schwarz türkis blau gegangen.

Ein interessantes Buch, denke ich, die Facebook-Nachrichten werden wahrscheinlich weitergehen, wir haben ja inzwischen schon März 2019 und da ist inzwischen viel geschehen und wem es interessiert, in der “Viertagebuchfrau”, habe ich die ersten hundert Tage von schwarz-blau eins beschrieben und wer es aktueller haben will, dem ist Michael Ziegelwagners “Sebastian, Ferien im Kanzleramt zu empfehlen.

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