Trottel

Das sechzehnte Longlistund das vierte Shortlistbuch des heurigen dBps und ich muß sagen, ich hätte “Trottel” des 1951 in Prag geborenen Jan Faktor den Vorzug gegenüber “Blutbuch” gegeben.

Beides sind sprach sehr ungewöhnliche experimentelle Bücher, beide Autofiktion und mich, die ich ja nur zwei Jahre jünger, als Jan Faktor bin, gebe dessen Memoir mehr den Vorzug, als einem Buch von dem ich nicht sicher bin, ob es sich nicht vielleicht um eine Modeerscheinung handelt, obwohl es sprachlich durchaus eindrucksvoll und ungewöhnlich war.

“Trottel” ein sehr ungewöhnlicher Titel über den ich Anfangs auch stolperte und nicht recht wußte, wie ich es einordnen soll. Es wurde in der Rezension auch öfter als Schelmenroman bezeichnet, diesen Eindruck kann ich mich nicht anschließen und eigentlich auch nicht so recht verstehen, wieso ihn einige Buchblogger abgebrochen und davon gesprochen und geschrieben haben, wieso das Buch sie nervte.

Das kann ich auch nicht bestätigen, obwohl auch ich über einige Stellen drüber gelesen habe, denn da wird ja wirklich über über den Krautgarten des Lebens des Autors geschrieben, der, wie ich mir vorstellen könnte, wirklich mit dem Stil experimentierte, um aufzufallen und bei den vielen Bücherbergen etwas Besonderes zu bieten.

Es geht, um das Leben von Jan Faktor und da wundert es mich wirklich, daß am Buchbeginn “Es handelt sich bei dem Buch um ein fiktionales Werk. Namen, Figuren, Orte und Vorkommnisse sind entweder Erfindungen des Autors oder werden fiktiv verwandt. Alle Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Ereignissen, Örtlichkeiten, lebenden oder toten Personen wären gänzlich zufällig.”

Ob diese Sätze vom Autor oder Verlag stammen, weiß ich nicht. Blättert man aber in Jan Faktors Lebenslauf nach, findet man wahrscheinlich viele Ähnlichkeiten und Zufälle und das Buch ist auch in Ich-Form geschrieben und genervt haben die Buchblogger wohl auch die zweihundertsechzig Fußnoten, in die man sich beim E-Book aber leicht klicken kann und, daß er wirklich von hundersten ins tausensten kommt und sich dabei und das finde ich sehr originell noch Schreibanweisungen gibt oder erzählt, was sein Lektor, seine Großmutter, seine Frau von seinem Schreiben hält.

Das buch ist auch seiner Frau gewidmet. Jedenfalls steht am Beginn der Dank an sie und, daß sie es vielleicht nicht lesen konnte und dann geht er, was die Blogger auch störte, manchmal äußerst ambivalent mit ihr um und beschwert sich beispielsweise darüber, daß sie nicht nur anspruchsvolle Literatur, sondern auch Krimis liest oder verschlingt und das Berührendste an dem Buch ist sicher auch der Selbstbmord des Sohnes, der mit dreiunddreißig Jahren vom Dach des Hauses sprang und deshalb die Eltern auch in eine starke Krise und in den Gebrauch von Psychopharmaka, die er sehr ausführlich beschreibt, stürzte.

Es beginnt aber und das hat mich auch anfangs irritiert, mit der Beschreibung von Käse, den man nicht essen soll und den Unterschied zwischen Prager Weinstuben und Bierkneipen erklärt. Richtig, Jan Faktor wurde in Prag geboren, studierte dort auf Anraten der Großmutter, zu der er offenbar eine liebevolle Bezieung hatte, Informatik, brach das dann ab und fuhr für eine Armeebäckerei die Waren aus, denn im kommunistischen Prag mußte man ja arbeiteten und wurde verhaftet, wenn man das nicht tat.

Später kam er in die DDR. Hat sich dort verheiratet und beschreibt dann das Leben am Prenzlauerberg, bezieht sich auf seinen Sohn, den er mehrmals, als sehr schön beschreibt und dessen Absturz in eine Schizophrenie und ich habe, glaube ich, ein gutes Buch gelesen und das Schelmische daran ist wohl dabei, daß er er sich gleichzeitig über die Schulter schaut und sein Schreiben kommentiert oder kritisiert.

Die Blogger haben das als Distanzierung von dem eigentlichen Thema, der Traueraufarbeitung, bezeichnet. Kann sein, kann aber auch sein, daß Jan Faktor ein so routinierter Schreiber ist, daß er das gar nicht nötig hatte. Ich stelle mir aber schon die Frage, wie persönlich das Schreiben sein kann oder soll, denn wenn man diese persönlichen Details den Lektoren und der Öffentlichkeit preisgibt, ist man sehr verletzlich. Das zeigen auch die Rezensionen.

Wie geschrieben, bis jetzt würde ich in “Trottel” obwohl mir der Titel nicht sehr gefällt und er mir zu augenhzwinkernd ironisch ist, “Blutbuch” vorziehen. Mal sehen, was die Literaturgeschichte dazu sagen und die Zukunft weisen wird und ich werde weiterlesen. Warten doch noch vier deutsche Buchpreisbücher auf mich und vor allem “Spitzweg”, das ich als letztes lesen werde, wurde sehr gelobt.

4 thoughts on “Trottel

  1. Bin ich auch, wird aber noch was dauern, weil zuerst noch der österreichische Buchpreis kommt, kann aber gleich anfügen, daß ich auch von “Nebenan” sehr begeistert war. Ein ruhiges Buch, das zeigt, wie das wirkliche Leben gehen kann!

    • Vielen Dank, Sie sind sehr aufmerksam, ganz so rund ist er noch nicht, aber das wird noch werden! Ihnen auch alles Gute! Vielleicht sehen wir uns wieder beim nächsten Osterspaziergang!

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