Reise durch Ruinen

Weg vom Restauflesen des Schweizer und österreichischen Buchnpreises, denn jetzt kommt eine Rarität, nämlich George Orwells “Reise durch Ruinen” und den 1903 als Eric Arthur Blair geborenen kennt man wohl hauptsächlich durch sein “1984”, das in den pandemischen Zeiten ja wieder Auferstehung erlebte und die “Animal Farm”, das erste habe ich gelesen, das zweite nicht. Er war aber auch Journalist und hat als solcher von März bis November 1945 Österreich und Deutschland bereist und das dort Erlebte beschrieben. Seine gesammelten Reportagen sind jetzt erstmals auf Deutsch bei “C. H. Beck” erschienen. Ein ausführliches Nachwort, das die damalige Lage erklärt und auch Beobachtungen von anderen Kriegsberichterstattern einfließen läßt von Volker Ulrich gibt es auch.

Das hundert Seiten Büchlein mit einem Umschlagbild vom zerstörten Köln 1945 ist in zwei Teile gegliedert und da schildert er in seinen Artikeln, die zum Teil im “Observer” erschienen sind, wie er beispielsweise im März nach Köln kam, wo die Wasserwägen herumzogen, weil die Stadt zerstört war und die Deutschen ihm meist sehr unterwürfig begegneten.

Er schildert das Schicksal der Zwangsarbeiter oder displaced persons, die in englischsprachigen Medien meist als Sklaven bezeichnet wurden, was, wie er beschreibt, nicht stimmte, weil sie teilweise Lohn bekamen und in die Sozialversicherung eingegliedert waren und zum Teil auch bei den Bauern blieben. Ein anderer Teil wollte in die Heimatsländer zurück, mußte aber vorher registriert werden, um die Spione zu entdecken und das Ausbreiten von Seuchen zu verhindern.

Die bayrischen Bauern, die er im April besuchte, ignorierten den Krieg und versuchten das Dorfleben weiter zu gestalten, obwohl an den Straßensperren Leichen lagen und Österreich wurde im Mai von einer sowetischen Regierung verwaltet, die aber im Westen nicht anerkannt wurde und in “Rache ist sauer” schreibt er am 9. November in der “Tribune”, daß er “Anfang des Jahres in einem Kriegsgefangenenlager in Süddeutschland von einem kleinen Wiener Juden herumgeführt wurde, dem es offenbar Freude machte, den dort inhaftierten Gefangenen, alle wahrscheinlich hohe Nazis mit Fußtritten und anderen zu schikanieren, worauf Orwell eine Betrachtung über den Sinn von solchen Aktionen anstellt und überlegt, ob das wirklich zu Befriedigung führen kann?

Im zweiten Teil “Artikel zu Deutschland 1940-1945”, gibt es eine Rezension zu Hitlers “Mein Kampf”, das ich übrigens gelesen habe, weil es meine Eltern, wie damals üblich zu ihrer Hochzeit, die 1940 stattfand, bekommen habe, die George Orwell am 21.März 1940 in der “New Englisch Weekly” veröffentlicht hat und eine zu Thomas Manns politischen Essays, sowie ein Artikel in dem Orwell “Die Weltlage 1945” beschreibt, in dem er sich damit auseinandersetzt zu welchen kriegsbedingten Verschiebungen gekommen ist oder kommen wird, so wurden beispielsweise die Deutschen aus Ostpreußen , um dort die Polen anzusiedeln.

Ein spannendes Büchlein das interessante Einblicke eines englischen Kriegsberichterstatters gibt, in dem man ein bißchen nachvollziehen kann, wie es 1945 nach Kriegsende war.

2 thoughts on “Reise durch Ruinen

  1. Liebe Frau Eva Jancak-Nagl!

    Ich freue mich, dass ich dieses Buch “Reise durch Ruinen” von George Orwell auch in meine Bibliothek vor kurzem erworben habe! Es hat die Signatur-Nummer: “99XORW-E1-links-13a”. Es schildert eine grausame, kühle, schwierige Zeit in der Geschichte Deutschlands und Österreichs am Ende des zweiten Weltkriegs im Jahre 1940-1945. Der Autor schreibt folgendes. “Man konnte es als gegeben ansehen, dass er Kommandant in einem Konzentrationslager und dafür verantwortlich gewesen war, wenn Leute gefoltert oder erhängt worden waren. Mit einem Wort, er stand für all das, wogegen wir in den letzten fünf Jahren gekämpft hatten.” In einem Artikel für die Zeitschrift Tribune vom 9. November 1945, überschrieben “Rache ist sauer”, schrieb George Orwell eigtl. Arthur Eric Blair, “Rache ist etwas, das man sich vorstellt, solange man ohnmächtig ist, und weil man ohnmächtig ist. Sobald das Gefühl der Ohnmacht vorbei ist, verschwindet auch dieser Wunsch.” Und er fügte hinzu: “Wer hätte 1940 keine Freudensprünge bei dem Gedanken gemacht, dabei zuzusehen, wie SS-Offiziere getreten und gedemütigt werden? Aber wenn ebendies möglich wird, ist es nur noch trostlos und abstoßend.”

    Ein interessanter Bericht ist dieses Buch mit ca. 111 Seiten, wie ich glaube, und es ist lesenswert in dieser Übersetzung aus dem Englischen von Lutz-W. Wolff und einem Nachwort von Volker Ullrich.

    Liebe Grüße!
    Ihr
    “bibliophiler Kommentator”
    Manfred Lagler – regall

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *