Meine Eltern

Jetzt kommt ein Doppelpack, nämlich ein Buch aus dem “Claasen-Verlag”, das man von vorne und von hinten lesen kann. Also zwei Bücher in einem, beide von dem 1964 in Sarajewo geborenen Aleksandar Hemon,der seit 1992 in den Vereinigen Staaten lebt und dort offenbar ein bekannter Autor ist. Jetzt hat er im Doppelpack vorne von seinen “Eltern” und hinten von seinen Bosnien-Erfahrungen geschrieben.

Interessant einen mir bisher vollkommen unbekannten Autor kennenzulernen, der über einen humorvollen, leicht ironischen Stil verfügt. So beginnt er jedenfalls in Buch eins, also das, das ich als Erstes gelesen habe, über seine Eltern, die Mutter Andja, 1937 geboren ,sowie den 1936 geborenen Vater Petar geschrieben, beiden haben sich in Belgrad während ihres Studiums kennengelernt. Haben sich für Musik und Filme interessiert. Sind also ins Kino und tanzen gegangen. Haben sich dann in Sarajewo angesiedelt und dort zuerst den Sohn Aleksandar, später die Schwester Kristina geboren.

Der Vater hat als Ingenieur viel im Ausland gearbeitet und als der Krieg ausbrach, ist die Shwester mit ihrem Freund nach Beglgrad gegangen, Aleksandar ist in den USA geblieben und die Elternemigrierten 1993 nach Kanada.

Das zweite Kapitel ist dem”Heimatland” Jugoslawien gewidmet, was für die Mutter, die Jugend bedeutete, wo sie in einer Jugendbrigade an der “Autobahn der Brüderlichkeit” baute und dazu Tito-Lieder sang. Als der 1980 starb, fiel das ganze Land in Agonie, während der Vater, dessen Familie aus der Ukraine stammte, an der Stadt Vucijak hing,wo er den größten Teil seines Lebens in Bosnien verbrachte.

Dem Wort “katastrofa” wird ein Kapitel gewidmet, das fürdie kriegsbedingt traumatiserten Eltern eine große Bedeutung hat. Die Eltern sind sehr tierliebend. Der Vater ist Imker, der seine ganze Freizeit mit den Bienen verbringt. Der Ingenieur arbeitet in Kanada als Hausmeister und Fabriksarbeiter und hat mit den Waschbären zu kämpfen. Schwierigkeiten hat er mit dem kanadischen Wohlstand, wo Waschmaschinen und andere Sachen einfach auf den Straßenrand gestellt werden. Der Vater sammelt sie auf und hat inzwischen einen Schuppen, wo er sich mit Reparaturen beschäftigt, während die Mutter mit ihren Tieren, den Hunden, Wellensittiche und Eichhörchen spricht.

Es gibt ein Kapitel über das Essen, wo wieder die Sparsamkeit und das nicht Wegwerfen können, sowie die Essenszeiten ein Thema ist. Eines über die Musik. Die väterliche Familie hat viel gesungen und die Eltern haben dem kleinen Buben auf sehr unterschiedliche Art und Weise Geschichten erzählt, was in dem Kapitel “Literatur” thematisiert wird. Daß die Eltern in Belgrad geheiratet haben, hat man schon im ersten Kapitel erfahren. Später erfährt man, daß die Mutter unter der damals üblichen Haushaltsteilung, die Frau ist im Haus bei den <kindern, der Vater reist in der Welt herum, sehr gelitten hat und das letzte Kapitel ist dem Sterben und dem Tod gewidmet. Da wollten sich die Eltern vor Jahren ein Grab kaufen und haben den Sohn um finanzielle Unterstürzung gebeten. Er hat entsetzt abglehnt. Die eltern haben es trotzdem gekauft und am Schluß schreibt Aleksandar Hemon, daß er in dem Buch eine mögliche Trennung von den Eltern verarbeit, bzw.vorweg genommen hat:

“Wo soll ich jemals wieder solche Eltern finden?”, lautet der letzte Satz.

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