Kanzleimord

Nun kommt zu “Rund um die Burg” passend, wo ja auch einige vorgestellt wurde, ein historischer Krimi, Wien Ende des neunzehnten Jahrhunderts, aber nicht von Gerhard Loibelsberger, Andreas Pittner oder Edith Kneifel geschrieben, sondern von der in Ostösterreich geborenen in Kärnten lebenden Gudrun Smole, die  bei “TEXT/RAHMEN” schon 2016 “inspektor Cohns ersten Fall  herausgegeben hat.

“TEXT/RAHMEN” ist ein mir eher unbekannter Verlag, auf der letzten “Buch-Wien” hat an Bloggern aber ein Buch vergeben, da mir die am Stand ausgestellten Neuerscheinungen, ich gehe ja eher von den Autorennamen aus, nichts sagten, habe ich den Krimi gewählt.

Ihn dann vorerst liegengelassen. Danach in die Leseliste aufgenommen, ja irgendwie ein Rezensionsexemplar und auch nach Salzburg und jetzt am Muttertagswochenende in Harland gelesen und ich muß sagen, das Buch war interessant, das schon in der äußeren Aufmacheung, weißes Cover mit blauer Umrandung und schwarzer Schrift wohl eher in die konkrete Galerie des Herrn Lindners als zu einem historischen Krimi passte und Gudrun Smole schreibt sehr langsam und sehr genau.

Man denkt, sie müßte eigentlich viel schneller mit dem Erzählen fertig sein, denn eigentlich passiert ja nicht sehr viel, außer, daß zu Pfingsten zu Ende des Neunzehntenjahrhunderts in einem Haus in der Reichsrathstraße, der Rechtsanwalt Friedrich Rothenberg und seine Haushälterin Frau Woyda erstochen aufgefunden werden.

Das heißt gefunden wurden sie erst später, als es schon im ganzen Haus entsetzlich stank und der Chefinspektor, der im Moment Strowitwer ist, weil seine Frau Milena und seine kleine Tochter bei den Schwiergereltern aushelfen muß, befragt zuerst das Dienstmädchen Franzi einer senilen Frau Baronin, die im dritten oder vierten Stock des Hauses lebt. Das ist, glaube ich, sehr gut recherchiert und auch erzählt und man kann sich die damalige Athmospäre ganz gut vorstellen.

Der chefinspektor hat drei Subinspektoren, darunter einen jungen, den er einweisen muß. Er trinkt gern Bier und geht mit seinen Leuten oft in die Lokale Mittagessen. Er muß sich auch mit seinem Chef herumschlagen und über andere Vorgesetze ärgern.

Seine Verhörmethoden bestehen im Wartenlassen der Delinquenten und da ist der Hauptverdächtige ein Walter Lechner, der Sekretär des Rechtanswaltes, der ist ehemaliger Offizier und Spieler, hat eine schöne junge Frau, die ihm geistig über ist und wurde an dem bewußten Wochenende auf den Semmering geschickt, wo der Rechtsanwalt ein Hotel hatte.

Der befaßte sich mit Immobilien und Spekulationen und hatte mit den meisten Frauen seiner Klienten ein Gspusi.

Er hatte auch eine alte Mutter, die ihn unterdrückte und kaufte im Vorort Hernals, wo ich ja aufgewachsen bin, sämtliche Zinshäuser auf oder ließ sie billig bauen. Gudrun Smole erzählt hier auch von den Bettgehernn und der Wohnungsnot und eine Spur führt auch nach Hernals.

Denn da wurde ein armes Paar, das nicht zahlen konnte von der Haushälterin Frau Woyda, deren Küche übrigens auffällig dreckig war, delogiert. Der Mann kommt bei einem Fluchtversuch ums Leben. Der junge Inspektor Pokorny ist  daran schuld und es gibt in der eher langsam vor sich hinschwappelten Handlung auch einige originelle Momente.

Zum B,eispiel die wo die Inspektoren vom fetten Dienstmädchen der alten Frau Rothenberg von ihr unbemerkt zu den Akten geführt werden und die dann auffälligen Lärm machen, vom Dienstmädchen aber beruhigt werden, das seiner Herrin einfach ein schlafmittel gibt, so daß sie sich an das Geschehen nicht mehr erinnern kann.

Ein interessanter farbenprächtiger Krimi, der mich, wie ja auch Andreas Pittlers “Chuzpe”, die ich ja gerne in das Wien des vor oder sogar schon vorvorigen Jahrhundert eintauchte, trotz oder vielleicht sogar wegen seiner Langsatmigkeit beeindruckt hat und für mich eine große Überraschung war.

Ob es schon einen zweiten Fall gibt, weiß ich nicht, er würde mich aber  interessieren.