Der Tag als meine Frau einen Mann fand

Wieder ein Buch von meiner Backlistleseliste, ein Buch aus dem Bücherschrank, nämlich Sibylle Bergs “Der Tag an dem meine Frau einen Mann fand”, 2015 erschienen und nicht auf der dBp stehend, aber wieder einmal Skurrilität der letzten Schweizer Buchpreisträgerin, deren “GRM:Brainfuck” ja eine starke Dystopie war und spannend, daß wir jetzt ja, wenn auch in einer anderen Weise inzwischen in einer solchen leben, allerdings noch nicht so ganz gechipt sind.

Von der 1962 in Weimar geborenen und in Zürich lebenden Autorin, die ich letzten Winter, sowohl in Wien als auch in Basel erlebte, habe ich das erste Mal etwas gehört, als ich den Schreibratgeber las, den ich einmal über die Cornelia von Goethe-Akademie bekommen habe.

Da wurde ihr “Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot” sehr gelobt und ich habe mir ihren Namen wahrscheinlich schon wegen des skurrilen Titels gemerkt.

Dann habe ich im Schrank ihr Kolumnenbuch “Gold”gefunden, als ich “Paul und Paula” geschrieben habe, hat mir Klaus Khittl “Vielen Dank für das Leben” geborgt, von dem er sehr begeisgtert war und richtig, 2009 als ich ja auf der Jagd nach dem Buchpreisbüchlein war, ist sie mit “Ein Mann schläft” auf der deutschen Longlist gestanden.

Das Buch habe ich noch nicht gelesen, wohl aber “GMR”, das wie schon beschrieben sehr steil und übertrieben ist und “Der Tag als meine Frau einen Mann fand” kann ich gleich anfügen, ist es auch und es ist wohl typisch Sibyille Berg, die ich ja schon in Leipzig daraus lesen hörte, die wohl wirklich eine außergewöhnliche spitze Schreiberin ist, daß man während des Lesens ständig hin und herschwankt, denn einiges an dieser Midlifegeschichte ist sehr berührend und total nachvollziebar, anderes wieder so abgehoben, daß man nur den Kopf schütteln kann, aber das ist ja angeblich das, was die Leser haben wollen und für Literatur halten.

Es geht um ein Paar, Intellektuelle, Mittelschicht, so zwischen vierzig und fünzig, er mittelmäßiger Regissuer, sie Ehefrau aber auch in einem Antiquariat tätig, Rasmus und Chloe, zwanzig Jahre verheiratet und wie das so ist, total auseinandergelebt.

Das Buch ist in kurze Kapitel aufgeteilt, die alle fast Geschichten als Titel haben, wie “Rasmus entfernt Körperflüßigkeit aus seiner klösterlich kargen Wohnung” oder “Ein Jahr später—- Cloe liegt schlaflos”.

Man sieht also aus zwei Perspektiven erzählt und es beginnt irgendwo in einem Entwickungsland, der Name wird nicht genannt, es könnte aber vielleicht Thailand sein, weil es in dem Buch ja um viel Sex und auch um einen Massagesalon geht.

Rasmus, der einmal ein begnadeter Regisseur werden hätte können, die Kurve aber nicht gekratzt hat, daher in eher mittelmäßigen Theatern tätig ist, ist mit Chloe dorthin gezogen, um mit Jugendlichen ein Theaterprojekt aufzuziehen. Diese stelle finde ich grandios und kann sie, die ich ja auch unterrichtet habe, gut nachvollziehen. Er will mit den Jugendlichen diskutieren, ihnen Kapitalismuskritik beibringen und sie wollen nur Bier trinken.

Er geht dann mit Chloe in einen Massagesalon, dort rauchen sie etwas und Chloe verliebt sich unsterblich in den Masseur mit den roten Haaren. Das Paar fliegt wieder in ihre Eigentumswohnung nach Deutschland zurück, die eigentlich Rasmus Mutter, einer feministischen Finnin gehört, Chloe holt Benny, das ist ihre Liebe und außerdem ein rumänischer oder bulgarischer Roma nach, legt ihn sozusagen in Rasmus Ehebett. Es gibt dann auch wilde Sadomaso-Orgien, Rasmus Mutter taucht auf und spielt zuerst mit, dann verkauft sie die Wohnung, um nach Rumänien zuziehen, Rasmus erlebt einen Herzinfakt und am Ende reist Benny wieder ab und das Paar findet sich für die nächste Runde ihres Lebens in einer kleinenren Wohnung ein.

Midlekrisis einmal total rasant erzählt, das ist wohl Sibylle Bergs Stärke, mir war manches zu stark. Manches konnte ich, wie geschrieben gut nachvollziehen und irgendwie auch auf mein Leben anwenden, obwohl ich ja mit den Sexorigien nicht so mitbieten kann und habe inzwischen noch ein Berg Buch, nämlich “Ende gut”, 2004 erschienen, gefunden. Mal sehen, wann ich es lesen werde.