Aus den Fugen

Jetzt kommt noch ein Buch, das 2012 auf der “Schweizer Buchpreisliste” stand und das auch im Literaturhaus vorgestellt wurde, so daß ich den 1953 geborenen, in Basel und im Elsaß lebenden Alain Claude Sulzer, der glaube ich, auch einmal “Bachmann-Juror” war, daraus lesen hörte.

Das Buch, es ist ein “unverkäufliches, unkorrigiertes Arbeitsexemplar mit einer Sperrfrist vom 16. 8. 2012”, habe ich im Schrank gefunden und  natürlich in die Schweiz mitgenommen und es dort teilweise im Zelt gelesen, als der Regen heftig auf den Campingplatz herunterprasselte und dort schon die Enten auf dem Weg zum See schwammen.

“Sulzer rührt an den Kern des Tragischen … wie Leid wieder zu Schuld wird. Hervorragend ein großer Erzähler”, hat Oliver Jungen auf den Buchrücken geschrieben und der Clou des Buches, die Stelle, die der Autor auch in Wien gelesen hat, ist die, wie der Starpianist  Mark Olsberg mitten im Konzert in der Berliner Philharmonie den Klavierdeckel zuschlägt und mit den Worten, “Das wars, dann!”, die Bühne verläßt, ist nur ein Teil des Buches, das sich aus verschiedenen Episoden im Leben der anwesenden Konzertbesucher zusammensetzt, was manchmal fast ein bißchen kolportagenhaft und so wie ein Gesellschafts- oder Groschenroman wirkt.

Mark Olsberg ist natürlich homosexuell, sein Manager und früherer Liebhaber, ist auch auf dem Weg zum Konzert, wird aber dabei aber von seinem derzeitigen Freund Nico, der viel jünger und Plattenverkäufer ist, aber gesellschaftlich aufsteigen möchte, verlassen. Der geht dann ins Kino und trifft am Schluß den Pianisten in einer Kneipe, wo er ein Bier trinken will und eine neue Freundschaft zwischen zwei Männern beginnt.

Aber auch die Arztgattin Ester geht mit ihrer Freundin Solveig ins Konzert, der Arzt bleibt inzwischen zu Hause vor dem Fernseher, ist aber nicht mehr dort anzutreffen, als Esther wegen des Abbruchs verfrüht nach Hause kommt. Sie findet nur sein Handy vor, aus dem sie erfährt, daß er bei seiner Geliebten, einer MTA, die in seiner Praxis arbeit, ist.

Der Pianist hat eine Sekretärin namens Astrid, die leidet an Migräne, liegt daher während des Konzerts mit geschlossenen Augen in einem Nebenraum und bekommt von Olsbergs plötzlichen Abgang nichts mit.

Es gibt einen Kellner eines Cateringsservice, der für die abschließende Party engagiert wurde und als die nicht stattfindet, beschließt die Gastgeber, ein reiches Industriellenpaar, die sie veranstalteten, auszurauben. Dann gibt es noch eine Besucherin, die ihre Schwester haßt und mit deren Tochter, das Konzert besucht und so weiter und so fort.

Wirklich brillant geschrieben und auch spannend zu lesen, könnte man so unken. Aber ist das wirklich etwas Neues und ist das auch so interessant, aus dem Leben einer Societygesellschaft zu erfahren, die das Konzert eines Starpianisten besucht und dabei seine Schwächen, seine Sorgen,seine Geheimnisse und Intrigen hat.

Ist es nicht natürlich, aber, wie schon beschrieben, spannend und leicht zu lesen und auf der Piazza Grande in Locarno, wo ja auch die Schickeria in die abgesperrten Arelae hineingelassen wurde, während sich die bezahlenden Besucher ihre Plätze am Rand oder weiter hinten suchen mußten, wird es wohl auch nicht viel anders gewesen sein.

Da wird es auch Stars und Sternchen, reiche Manager und Arztgattinnen, die vielleicht von ihren Männern betrogen werden, gegeben haben und ich habe noch ein zweites Buch von Alain Claude Sulzer in meinen Regalen gefunden und es in die Schweiz mitgenommen, bin da aber nicht mehr zum Lesen gekommen, so daß ich es wieder ungelesen nach harland brachte, um es vielleicht für einen weiteren Schweizurlaub aufzuheben.