Piratinnen

“Piratinnen-das ruchlose Leben der Anna Zollinger”, eine Geschichte aus dem sechszehnten Jahrhundert, wo eine Frauenbande Schiffe am Zürich-See überfiel, ist das zweite Buch, das mir “Literaturtest” schickte und es ist, welch Überraschung, aus dem “Novum-Verlag”, wo ich mir ja eine Zeitlang meine Bücher drucken ließ.

Geschrieben hat es der 1944  geborene Schweizer Journalist Piero Schäfer, der ein Büro für Kommunikationsberatung betreibt und seit 2012 Bücher schreibt und man könnte es als Abenteuerroman, vielleicht auch für Jugendliche, also nicht unbedingt mein übliches Leseschema, bezeichnen, ist aber, weil es in sechszehnte Jahrhundert führt und auf der eine Seite sehr malerisch schildert, sehr interessant, auf der anderen Seite haben mich manchmal Ausdrücke, wie “Pubertät” oder “Wohngemeinschaft” gestört, die man damals wahrscheinlich  nicht verwendet hat.

Es arbeitet aber durchaus mit den historischen Begebenheiten, so kommen Zwingli und der damalige Bürgermeister von Zürich vor, die auch in einem Anhang erklärt werden und das Buch hat eine Rahmenhandlung.

So beginnt es mit der Verurteilung der schönen wilden Anna und endet mit ihrem Tod durch Enthauptung. Dazwischen wird die Geschichte der Schweizer Bürgerstochter, ihr Vater war ein angesehender Seidenhändler, der stets auf Reisen war, um die schönschten Stoffe von China, Indien oder sonstwo, in die Schweiz zu bringen.

Die Mutter ist bald nach der Geburt der Zwillinge, die  rebellische Anna, die sich nichts gefallen läßt und gleich zuschlug oder aufbrauste, hatte noch eine sanftere Schwester, gestorben und dem Vater blieb nichts anderes über, als sich von der schönen Kunigunde betören zu lassen, weil er  eine Mutter für seine Töchter braucht.

Die ist der Ausbund der bösen Stiefmutter, wie sie im Buche steht und noch weit darüber, so schickt sie erstmals, die den Kindern vertraute Magd weg und dann die wilde Anna, die sich nicht ihrer Herrschaft beugt, ins Kloster.

Dort geht es übel zu und ich denke Piero Schäfer wird sich auch an den heutigen Mißbrauchsgeschichten orientiert haben und ich könnte mir  vorstellen, daß manches, was Anna dort erlebte stimmt.

So waren die Mönche von den Nonnen streng getrennt. In der Nacht trafen sie sich aber heimlich und warfen, die auf diese Art auf die Welt gekommenen Kinder in den Brunnen.

Die Schüler wurden von den Mönchen vergewaltigt und sexuell belästigt und wenn das herauskam wurde ihnen der Teufel ausgetrieben.

Die wilde Anna lernt mit sechzehn auf diese Art und Weise den Pilger Anton Kreuzer kennen, läßt sich ahnungslos oder auch begierig von ihm verführen, wird als sie schwanger ist, von der Oberin in den Kerker  geschmissen. Die Beiden können aber fliehen, kehren heim in den Seidenhof, dort schmeißt sie Kunigunde hinaus. So gehen sie nach Rapperswil in eine Spelunke und leben eine Weile fröhlich, die schöne Anna macht aber auch anderen Männers schöne Augen, so gerät Anton in einen Raufhandel, muß fliehen und Anna tut sich mit der Hure Brida zusammen.

Die Zeiten waren damals, wie das Buch deutlich zeigt, für die Angehörigen der unteren Stände sehr schlimm, überall Gewalt und Wegelagerer und kamen die Angehörigen bürgerlicher Stände in Not, mußten sie sich durch Prostituion oder Raub durchs Leben bringen und das taten Brida und Anna, die sich noch mit einer Fischertochter zusammentaten, eine afrikanische Prinzessin, die geraubt worden war, stieß auch dazu. Sie überfielen mit ihrem Schiff den Zürichsee und raubten auch auf den Straßen.

Das wird alles eigentlich sehr eindrücklich und interessant geschildert. Die Reformationszeit ist auch dabei, so daß man sehr froh sein kann, daß es heute Sozialgesetze und Sozialversicherungen gibt, so daß man sich nicht, nur um zu überleben, gegenseitig auf den Schädel schlagen muß und das will ich auch nicht gerechtfertigt wissen.

Das Buch habe ich gesehen, hat einige Rezensionen und wird offenbar auch gut beworben, ist spannend zu lesen und war, auch wenn ich Gewalt ja ablehne, durchaus interessant von den früheren Zeiten zu erfahren.