Hypochonder leben länger

Ich weiß nicht, ob es meine Leser gemerkt haben, ich bespreche hier zwar Sachbücher. Psychologische sind aber aber mit Ausnahme des Thomas Stompe, nicht so viele dabei. Die Fachbücher also in die pschologische Praxis, die Literatur, die politischen und literataurwissenschaftlichen Fachbücher in den Blogs, aber Ausnahmen gibt es immer. Den Thomas Stompe, den ich ja auch bei dem klinischen Mittagen hörte, war eine, als sein Buch bei “Residenz” erschienen ist und jetzt habe ich eines unter dem Titel “Hypochonder leben länger”, angeboten bekommen und der erste Gedanke war, danke, nein, ich blogge hier nicht über pyschiatrische Diagnosen, höchstens über lebensgeschichtliche Bücher, wie über das Leben mit “Alzheimer”, Krebs, einem ALS- Angehörigen, das Schicksal eines Sterbebegleiters.

Aber es war von Jakob Hein, dem Sohn des berühmten Christoph, der “Drachenblut” geschrieben hat und damit die DDR vor zig Jjahren in Aufruhr brachte und der ist, obwohl er schon viele Romane geschrieben hat, einen habe ich auch gelesen, ein oder mehrere andere stehen in meinen Regalen, Pyschiater und da ich ja bei Büchern nur schwer “Nein!”, sagen kann, habe ich es mir schicken lasen und gedacht, ich bekomme jetzt eine mehr oder weniger witzige, geistreiche, etcetera, Abhandlung über den Hypochonder zu lesen und dachte dann auch, nachdem ich jetzt ja die “Fledermaus” neu inszeniert habe, werde ich das auch auf die Corona-Frage übertragen können, die ja das Hypochondertum fördern dürfte.

Aber weit gefehlt, es geht um etwas ganz anderes in dem Buch, das bei “Amazon”, wie ich gesehen habe, auch schlechte Kritiken hatte. Ein Psychiater, der auch Schriftsteller ist, plaudert aus seiner Praxis, weil ihm einmal jemand geraten hat, ein Buch darüber zu schreiben, warum er Psychiater geworden ist oder welcher er nicht so gerne wäre und da fällt mir ein, ich habe ja einen “Hauspsyschiater”, den Theo Hardenberg, der in der “Frau auf der Bank”, beim “Frühstück” und dann noch, glaube ich, bei den “Berührungen” vorkommt. Der Sohn der Doris Kloimstein ist einer und ich schaue in letzter Zeit auch gern die Videos des Raffael Bonelli, der in der Corona-Frage seinen Senf in Sachen Deeskalation gern dazu gibt.

Jakob Hein macht vielleicht etwas Ähnliches. Er erzählt in Kapiteln, die Überschriften, wie “Irrenarzt – Schwer stelle ich mir Ihren Beruf vor. Sehr schwer”, warum er Psychiater geworden ist und, daß er gar nicht wußte, daß man Medizin studieren muß, um ein solcher zu werden, weil die Leute ja immer noch nicht den Unterschied zwischen Psychologen, Psychotherapeut, Psychiater und Psychoanalytiker kennen.

Ich weiß ihn, obwohl es in Deutschland, glaube ich, noch einmal anders, als in Österreich ist, denn da kann der Psychologe, glaube ich, auch psychotherapeutisch tätig sein, während das bei uns getrennte Ausbildungen sind. Obwohl sich die Berufsfelder, wie bei mir beispielsweise, wieder überschneiden und derzeit bin ich ja eine studierte Psychologin, die hauptsächlich Psychotherapie betreibt und dann als Jakob Hein geschnallt hat, daß er um Psychiater zu werden, Medizin studieren mußt, hat er einige Jahre gebüffelt und gebüffelt und wurde von seinen Germanistik studierenden Freunden nicht verstanden, daß er Monate, nicht Wochen für eine Prüfung lernt, jetzt weiß er aber auch, daß dieses Fachwissen für seine Tätigkeit wichtig ist und das denke ich würde auch den psychologen und Psychotherapeuten nicht schaden. Die Psychoanalytiker gehören ja zu den Pschotherapeuten, haben oft Medizin studiert und der berühmteste ist wohl der Urvater Sigmund Freud von dem ich gar nicht sicher bin, ob es damals schon das Spezialgebiet der Psychiatrie gab.

Im zweiten Kapitel kommt Jakob Hein dann zu den Klischees, die es über Psychiater gibt, nämlich, daß das weißbärtige alte Herren sind, die hinter einer Coach sitzen auf der junge hübsche Frauen liegen, die er dann jahrelang viermal in der Woche, um neunhundert Euro in der Stunde beschweigt oder zu denen, die selber verrückt sind, aber ihre Patienten malträtieren. Das führt dann zur Frage, wie verrückt oder normal die Patienten sind und, ob die in die Praxis kommen, nun eine Störung haben oder nicht?

Die meisten Patienten oder Klienten, die ich gesehen habe, hatten aber eine Depression, eine Panikattacke oder ein Burnout, während und das ist interessant, Jakob Hein von den Menschen in den internen Abteilungen schreibt, die glauben, sie haben einen Herzinfakt und dann wars doch nur eine Panikattacke und da fällt mir ein, daß im Margaretenhof einmal eine Frau wochenlang neben ihrer toten Mutter war und die Psychiater konnten angeblich keine psychischen Auffälligkeiten feststellen, etwas, was ich mir eigentlich schwer vorstellen kann, aber ich habe den Fall nicht diagnostiziert.

Aber zu zurück zu Jakob Hein und seiner Praxis, der schreibt, das selten gesunde Patienten zu ihm kommen, mit Außnahme derer, die von ihm ein Gutachten für das Gericht oder die Pensionsanversicherung, in Deutschland, heißt das, glaube ich, Rentenantrag, brauchen.

Das nächste Kapitel führt dann wieder zu Hein selbst, wo er beschreibt, daß er einen Chefarztposten ausgeschlagen hat, weil es ihm lieber war, in die psychiatrische Praxis zu gehen. Hein ist übrigens Kinder- und Jugendpsychiater und da muß ich natürlich sein österreichischen Pendant Paulus Hochgatterer erwähnen, der übrigens ausgezeichnete Texte über gestörte benachteiligte oder traumatisierte Jugendliche schreibt.

Von Kapitel zu Kapitel hantelt sich Jakob Hein weiter und gibt seine Sicht der Dinge von der anderen, der persönlichen Psychiater-Seite bekannt, was ich sehr spannend finde, aber nicht ganz so leicht zu verstehen ist, wie er das jetzt meint?

Hat man das doch öfter schon ganz anders gehört. So geht es um die Cocktailparties-Fragen, also um die, die der Psychiater hört, wenn er sich auf einer Party befindet, da fängt man an mit ihm über psychiatrische Probleme zu plaudern, die man hat und ihm Fragen zu stellen, auf die auch die Psychiater keine Antwort wissen. Er wird von den Freunden um zehn Uhr abends angerufen und kann auch nichts anderes tun, als sie zu einem guten Kollegen zu schicken, aber die guten sind auf Jahre überfüllt und können keine neuen Patienten nehmen.

Es geht um die Frage, ob man zu den Medikamenten Alohol trinken darf? Was mich auch etwas erstaunte, denn, ich glaube, das sagen ja die Psychiater oder steht auf den Beipackzetteln, daß man das nicht soll. Ich kenne aber viele, die das ohne Auswirkungen tun und manche sind sehr ängstlich und halten sich von selber zurück.

Dann kommt auch die Frage warum jemand trinkt oder ob die Krankheit genetisch ist? Hier kommt Jakob Hein mit dem biologischen psychosozialen Modell und meint, daß man jedes Problem von jeder dieser Seiten betrachten und behandeln muß. Nur Medikamente sind zuwenig, nur Psychotherpie vielleicht auch und der Psychiater kann dem Patienten auch keinen Rat geben, auch wenn, die von ihm natürlich die Lösung, bzw. den Zauberstab wollen.

Das erklärt er vielleicht auch ein wenig umständlich, daß es beim Psychiater, um das richtige Fragenstellen und nicht um die Antwort geht, denn, die muß der Patient schrittweise für sich selber finden und dabei kann ihm der Psychiater, ich meine wohl eher der Psychotherapeut helfen und gibt er zu große Schritte vor, schaut ihm der Patient verständnislos an? Die Psychiater, die ich aus meiner Praxis kenne, sind meisten keine Psychotherapeuten und verschreiben hauptsächlich Medikamenten. Aber da kann das Gespräch und der Aufbau einer empathischen Beziehung auch sehr hilfreich sein und wenn man sich mit dem Patienten dabei ein bißchen unterhält, Fragen stellt, etcetera, kann man das dann abrechnen und der Patient fühlt sich im günstigsten Fall besser und bedankt sich für die Hilfe und der Psychiater denkt, ich habe doch gar nichts dazu getan.

Jakob Hein wehrt sich gegen das Expertentum, das heißt, der Fragen der Journalisten welche Diagnose nun der oder der Politiker hat oder, wie sich die Verschütteten in einem Bergwerk fühlen und mahnt, daß man keine Ferndiagnosen geben soll.

Dann nimmt er verschiedene Problemfelder aufs Korn, wie das beispielsweise in der Pubertät ist? Er arbeitet ja als Kinder undJugendpschiater, obwohl sich viele seiner Beispiele auf Erwachsene beziehen und er, glaube ich, trotz seiner seiner psychiatrischen Facharztausbildung mehr als Psychotherpeut derauch oder auch Medikamente verschreibt, tätig zu sein scheint, was die unterschiedlichen Berufsfelder für den normalen Leser wahrscheinlich nicht viel klarer gemacht haben.

Er geht auch auf die Diagnosen ein, warum man sie braucht und wo sie hindern, weil jeder Patient ja einzigartig ist.

Ich sage meinen Klienten immer, daß Diagnosen für die Krankenkasse wichtig sind, weil die ja keine Therapien für Gesunde bezahlen wollen. Es geht aber auch im die Expertise, wenn man weiß, wie man Depressive am besten behandelt, tut man sich leichter und muß das Rad nicht jedesmal neu erfinden.

In einem Kapitel widmet er sich dem Cannabis und beginnt es gleich, daß er für die Freigabe ist und ich dachte, uje uje, habe ich ja schon bei einigen Leuten erlebt, wie die dadurch in eine Psychose kippten. Jakob Hein erwähnt das aber später auch und meinte vorher, es gibt Erkrankungen bei denen wäre Cannabis hilfreich. Das muß man aber erst beantragen und bis das bewilligt wird, hat sich das der Patient schon längst am Schwarzmarkt besorgt.

Ein interessantes Buch, wo ich nur nicht weiß, wie es von Leuten verstanden wird, die weder eine Pyschotherapieausbildung machten, noch Psychologie studierten, auch keine Psychiater oderPsychiatrie- Betroffene sind? Mir hat es einiges klargemacht und es war auch leicht und amüsant zu lesen, so daß ich es weiterempfehlen kann und was den titelgebenden Hpochonder betrifft, der wird in einem Kapitel auch thematisiert. Da meint Hein, sieleben länger, weil sie sich mehr um ihre Gesundheit können, wenn sie, fügt er listig hinzu, nicht zuviel Medikamente beschrieben bekommen und ich ergänze, daß sie auch nicht zu vielen Somatikern unters Messer fallen dürfen, die sie dann vielleicht doch operieren.

Ein Kapitel, wie sich die Diagnosen im Lauf der Zeit ändern, gibt es auch, über das man nachdenken kann und das sich an das vorher Thematisierte aschließt, denn früher hat man ja bei den Schizophrenen die Lobotomie betrieben und der Arzt der die entdeckte, hat sogar den Nobelpreis bekommen.

So kann man sich irren, also vorsichtig sein und zu dem mündigen Patienten werden, den, glaube ich, auch Jakob Hein bevorzugt und der jetzt auch das Internet hat, um sich vorher zu informieren, ob er die vorgeschlagenen Medikamente auch verschrieben haben will. Aber bitte keine Beipackzettel lesen, denn dann ist man so verwirrt, daß man sich das nicht zu nehmen traut und, daß in Zeiten der Pandemie, wo das Gesundheitssstem ja hinuntergefahren wurde und Gesunde gestestet werden, auch wieder mal anders ist, wurde von Jakob Hein, dessen Buch im August erschienen ist, zumindestens thematisiert.

Die alte Dichterin, die Literatur und die Kunst

“Ein Diskurs mit Poesie”, steht noch unter dem neuen, wieder im “Löcker-Verlag” erschienenen Buch meiner Freundin und Autorenkollegin Ruth Aspöck und Roman, obwohl das Buch noch viel weniger, das das von Thomas Melle ein solcher ist, sondern wieder eine Mischung zwischen einem “Memoir” und einem “Personal Essay”.

Das erste sehr verschlüsselt, denn die “alte Dichterin” mit Ruth Aspöcks Biografie und ihren Werken, nennt sich ja Elisabeth Schwarz, das zweitere viel stärker, denn es werden immer wieder Zitate aus Büchern  abgedruckt, an denen die Dichterin  ihr Leben resumiert oder Fragen, die sie vielleicht gar nicht beantworten kann, stellt.

Es ist das fünfte bei “Löcker” erschienene Buch, der 1947 geborenen Ruth Aspöck, die nächsten April ja siebzig wird, so daß wir schon eine Radumfahrt, um den Bodensee planen, denn als sie sechzig war, hat sieihren Verlag “Die Donau hinunter” aufgegeben und ist, um das zu feiern von Wien nach Bamerg mit dem Rad gefahren.

In ihrem Verlag sind schon einige ihrer Bücher erschienen. Sie hat ihn ja auch, wie sie Elisabeth Schwarz in den Mund legt, gegründet, damit ihre Sachen erscheinen können, später hat sie bei “Löcker” eine Heimat gefunden, ihre Tagebücher herausgebracht, Franz Grillparzer nachgefahren, ihre Kindheit nach Krieg resumiert und sich auch mit der Biografie einer bosnischen Flüchtlingsfrau auseinandergesetzt.

Man sieht, Ruth Aspöck war schon vorher autobiografisch und hat auch das verschleiert und dann wieder sehr aufgedeckt.

Die Frage, wie man mit der eigenen Biografie umgeht und, wie man sie beschreibt, ist ja eine, die auch mich sehr beschäftigt und mit Ruth Aspöcks Bücher kann man vortrefflich darüber nachdenken oder philosophieren.

Ausgangspunkt ist der Verkauf des Hauses im Mühlviertel, wo ja einmal der Verlagssitz war und sich noch die Bibliothek befand.

Die muß ausgeräumt werden. So sitzt die fast siebzigjährige Dichterin da, nimmt Buch um Buch zu Hand, überdenkt dabei ihr Leben, zitiert Okopenko, Sartre, Haslehner, sich selbst und noch einige andere und das nicht linear, sondern ziemlich durcheinander und auch sehr verschlüsselt.

So werden den Zitaten nicht direkt die Namen der Autoren zugeteilt, sondern da stehen schöne Worte, wie “Gedanken”, “Hoffnung”, “Literaturen” und man muß erst im zehnten Kapitel nachschauen, aus welchem Buch da zitiert wurde und, um das noch schwieriger zu machen, wurden “Gedanken”, “Hoffnung” Literaturen” nicht alphabetisch angereiht, sondern die Namen der Autoren und man muß erst mühselig nachsuchen, wo jetzt “Hoffnung” “Gedanken” oder “Literaturen” steht.

Ja, Ruth Aspöck macht es sich und ihren Lesern nicht leicht und sie ist sich glaube ich auch nicht ganz sicher, ob sie ein erfülltes Leben hatte, das da in zwanzig nicht linearen, sondern sehr sehr sprunghaften Kapitel, erzählt wird.

Wieder, wie schon bei ihren früheren Büchern, merke ich an, daß ich nicht sicher bin, wie ein Leser in Deutschland oder sonstwo, der Ruth Aspöck nicht kennt, das Buch interpretieren wird.

ich kenne ja einiges aus ihrem Leben, aber auch nicht alles, denn das Verschlüsseln, Verschweigen, Distanzieren, gehört wahrscheinlich zu ihrer Person und deshalb ist der poetische Diskurs in dem sehr viel Wehmut klingt, glaube ich, auch spannend zu lesen.

Die Worte “Demut” und “Zurückstellen” kommen öfter, wahrscheinlich auch in früheren Büchern vor und auch das Gefühl der Armut. Das des nicht Mithalten können mit den anderen, reicheren Kollegen aus den anscheinend besseren Familien, die die junge Elisabeth-Ruth auf der Universität trifft, als sie nach abgelegter Matura nach Wien kommt, um hier Theaterwissenschaft zu studieren oder noch besser Schauspielerin zu werden.

Das ist nicht geglückt, sie hat aber einige Leute kennengelernt, die Karriere machte und über, die nicht so erfolgreiche später dann die Nase rümpften, nicht gern in ihre Wohnung kamen, weil sie sie, wie Elisabeth-Ruth argwöhnt, als armselig empfinden würde.

Das kann ich beispielsweise nicht nachvollziehen, weil ich das Arbeiterkind aus dem Gemeindebau, erstens nie Freunde mit adeligen Namen und solcher Vergangenheit hatte, zweitens die Ruth, die ja in Wien, als Feministin und “Auf-Gründerin” sehr bekannt ist, immer, als sehr elegant empfunden habe und mich manchmal auch ein wenig darüber wunderte, daß eine “Linke” so elegante Kleider trägt.

Ein bißchen läßts sichs aber aus der Biografie der Dichterin erklären, die in dem Buch viele Fragen stellt, Anekdoten aus ihrem Leben erzählt und die eigene Biografie mitschwingen läßt.

Als Studentin ist sie nach Madrid Gegangen und hat darüber in ihrem Verlag, den “Ausnahmezustand für Anna” veröffentlicht.

Sie wäre schreibt die alte Dichterin lieber nach England gegangen, aber dafür bekam sie kein Stipendium.

Später war sie einige Jahrein Kuba, hat darüber in “Tremendo Swing” geschrieben. Hat, dazwischen, glaube ich, Ruth schreibt etwas davon, daß die schwarz blaue Regierung sie nach Kuba trieb, ihren Verlag gegründet. Wurde da von jungen Dichtern und Dichterinnen angeschrieben und hat sich auch öfter über sie geärgert, weil die es ihrer Meinung nach zu leicht nahmen, zu wenig genau und zu wenig ehrgeizig waren.

Denn das war die alte Dichterin, als sie noch eine junge Frau gewesen ist, aufrecht und offen und damit auch so undiplomatisch, daß sie es sich mit manchen Großen, die sie direkt auf Fehlstände angesprochen hat, verscherzte, so daß es nichts mit der großen Karriere wurde und sich die Dichterin immer ein wenig zurückgesetzt fühlt. Sich ihrer kleinen Wohnung, ihrer alten und abgenützten Möbel, etcetera, schämt, wie schon geschrieben, ich finde die Ruth und auch ihre Wohnung sehr elegant, wenngleich auch das Schlafizummer, das Wohnzimmer ist und das Bett jeden Tag ausgezogen werden muß.

Man erfährt also, wenn man genau zwischen den Zeilen liest, viel aus dem Leben, der jungen und älter gewordenen Feministin, die in Salzburg geboren wurde und von Linz nach Wien gekommen ist. Man erfährt aber auch viel aus dem literarischen Leben dieser Zeit und ihren Schriftstellerkollen. Kann Zitate aus Jean Paul Satres, 1948 erschienenen Essay “Was ist Literatur?”, lesen.  Erfährt viel über ihre Beziehung zu dem 2010 verstorbenen Andreas Okopenko, bei dessen letzten Geburtstagsfest und Begräbnis ich ja war.

Man erfährt sogar welche Theaterstücke, sich die “Theaternärrin” in den Sechzigerjahren angesehen hat, denn die sich mühsam vom kleinen Stipendium geleisteten Programmhefte und Theaterkarten hat sie aufgehoben.

Jetzt blättert sie nochmal darin, bevor sie sie leichten oder schweren Herzens entsorgt. Weggibt, wie auch viele der Bücher. Die Romane nimmt die örtliche Sozialstelle, die wissenschaftlichen Werke und die fremdsprachigen Bücher, die sie sich während ihrer Auslandsaufenthalte kaufte, kommen gleich in den Müll. Ja so ists mit der Wissenschaft, die Sozialhilfeempfänger werden wohl lieber Simmel, als Satre im Originalton lesen.

Aber auch Shaekspearre wird oft zitiert und dann die Faksimile-Ausgaben weggegeben.

Die zwanzig Kapitel, durch die uns die Dichterin führt, tragen Namen, wie “Abschiedstournee, die Erste”, Anspruch und Ehrgeiz”, “Groß und Klein”, “Mißlungen/zarte Hoffnung,”Sprache, Spiel und Träume”, und so weiter und so fort.

Man sieht, glaube ich, daran schon sehr gut, worauf es hinaus geht und mit was man konfrontiert wird, wenn man sich auf den Diskurs, was ich sehr empfehlen würde, einläßt.

Interessant dabei ist vielleicht auch, um jetzt ganz autentisch zu werden, daß ich beim Zitieren der Kapitel durch einen Anruf unterbrochen wurde. Die Rutha war in der Leitung und wollte wassen, ob ich am Nachmittag mit ihr in den “Musikverein” gehen will?

Leider habe ich da eine Stunde. Man sieht, die Dichterin ist  immer noch unermüdlich an Kunst und Kultur interessiert, obwohl sie sich schon die Frage stellt, ob und was sie als nächstes schreiben wird und anmerkte, daß sie im Alter gelassener wurde und nicht mehr so streitbar, wie früher ist.

Das Buch wurde auch schon im“Republikanischen Club” vorgestellt und ich empfehle es zu lesen.