Bruder aller Bilder

Daß der 1953 in Augsburg geborene Georg Klein ein schwieriger Autor ist, habe ich, glaube ich schon seit seinem “Bachmann-Preisgewinn” gewußt. Ich habe ihn für experimentell gehalten, “Barbar “Rosa” und “Sünde Güte Blitz”, gelesen und ihn, als ich das letzte Mal in Leipzig war, gesehen, während ich beim”Rowohlt-Stand”auf Herrn Grimm wartete. 2010 hat er auch den”Preis der Leipziger-Buchmesse” bekommen und jetzt wird er vielleicht demnächst mi tseinem neuen Buch auf der neuen deutschen Buchpreisliste stehen? Ich würde es ihm wünschen und schreibe es gleich. Experimentell ist er nicht. Das trifft wohl eher auf Michael Lenz, ebenfalls “Bachmnn-Preisgewinner” zu, aber leicht zu lesen auch nicht.

“Es gibt nur wenige Schriftsteller, die mit einer ähnichen Kunstfertigkeit Verweisnetzte zwischen dem realen und dem Imaginären aufpannen können, ohne dabei berechenbar zu werden. Auch halluzinogene Posa will gekonnt sein”, hat Philipp Theison am Klappenstext geschrieben und am Buchrücken steht noch “Buder aller Bilder führt uns dorthin, wo Vergangenheit und Zukunft, Diesseits und Jenseits sich verflechten: in das Zwischenreich von Medialität und belebter Natur.”, sowie “Georg Klein ist einer der wenigen grossen Sprachkünstler der deutschen Gegenwart”, das hat Thomas Steinveld von der “Süddeutschen Zeitung” geschrieben.

Am Klappentext vorne stehen Zitate statt einer Beschreibung und bei “Amazon” und hinten habe ich gefunden, daß Moni Gottlieb vom Sportreporter Addi Schmuck aller redaktionellen Pflichten freigestellt wird, ihr Smartphone zurücklassen muß und vonihm zu verborgenen Orte geführt wird,die von seinem Freund,dem”Auskenner” bevölkert wird.

Real geht es dann um, etwas anders, was man aber wahrscheinlich erst später rmerkt ,denn richtig, leicht zu lesen ist der Roman nicht und er folgt auch nicht den üblichen Spannungsschema und hat keine wirklich nachvollziehbare Handlung, aber die gibt es bei mir wahrscheinlich auch nicht und da sprechen ja auch Protagonisten mit ihren toten Frauen,die vom Himmel herabschauen und Ätztes geben.

Da ist also MoGo,die bei der “Allgemeinen” arbeitet,sie heißt Moni Gottlieb oder eigentlich Monique und soll dem Spportreporter folgen, aber eigentlich ist ihre Mutter gerade gestorben. Sie hat deren Wohnung ausgeräumt, ist dabei auf ihre alte Uhr gestoßen, die sie aufzuiehen will, aber weil sie ihr Smartphone verlegte und auch sonst keine Uhr in ihrer Wohnung hat, muß sie beim Nachbarn klingeln, einem Doktor Feinmiller, den sie für einen Metreologen oder Physiotherapeuten hält und betrinkt sich mit ihm.

Der Addi Schmuck führt sie dann in ein altes Stadion, wo sein schon erwähnterFreund der”Auskenner”lebt und die Katze, der Mutter, die sie Monique nennen, müßen sie auch versorgen oder bei ihm unterbringen.

Die Kapitel tragen alle Namen,wie “Ulme”,Zwetschge”, Birke”. Zuerst fragt man sich,was das soll? Später kommt man drauf, das Wort wird irgendwo im Text erwähnt. So gibt es beim “Auskenner” beispielsweise Zwetwchkenkuchen”und Monis Vater, bekommen wir heraus, war Bäcker. Der Sportreporter fährt zu einer Konditorei um nochmals Kuchen zu holen und kommt nicht mehr zurück und die tote Mutter beginnt dann sich aus oder vor dem Fernsher in das Geschehen einzumischen. Vorher hat auch schon etwas Surreales stattgefunden. So hat MoGo beispielsweise ihren Nachbarn durch die Wand duschen gesehen. Daß sie ihr Smartphone im Eiskasten findet ist vielleicht ein bißchen weniger surreal. Machen das ja manchmal die Dementen, wie ich schon bei Robert Menasse gelesen habe. Aber dann übernimmt die tote Mutter das Geschehen und schaltet sich vor oder aus dem Fernseher ein, was ein bißchen die Frage beantwortet, die ich mir bis fast zum Schluß stellte, wieso das Buch so heißt?

Wo ist der Bruder und wo die Bilder?, könnte man fragen. Gut, die Kapitelüberschriften lassen vielleicht darauf schließen. Aber der Bruder bleibt noch immer offen. Das habe ich wieder nicht verstanden, liebe Kritiker, das andere vielleicht schon. Den am Schluß heißt es ja:

“Wir beugen uns zusammen über den Fernsehapparat. Jetzt sehe ich, dahinter, in seinem bildröhrnwarmen Schatten, steht noch ein alter, in allen Abspielehren verstaubter Videorecorder. Klick, klick: tonschluss und aller Bilder Ende. Schon hat mein lieber Freund beide Geräte – für uns, für dich, für deine Mama und vorerst für immer – vom Strom genoommen.”

Da sind wir schon bei dem, was man bei Georg Klein besonders rühmen könnte. Seine Sprache, seine Wortschöpfungen, die ich mir immer wieder angestrichen habe, die, glaube ich, wirklich einzigartig ist. Neu wahrscheinlich nicht, wenn man die anderen Bücher gelesen hat. Für mich war es das, diese Vermischung von ganz banalen Sätzen zu immer wieder Neuschöpfungen,die aber eigentlich auch klarund einfach und nicht,wie oft bei anderen Büchern künstlich aufgezwirbelt klingen.