Schreibgruppe: Flucht

Nach der langen Sommerfrischenpause haben wir uns heute wieder im Cafe Fortuna, das einmal Ludwig hieß, zur “Westbahn-Spontan-Schreibgruppe” getroffen, Peter Czak, Ruth Aspöck, Fritz Widhalm, Doris Kloimstein und ein Freund von Peter Czak namens Ronald und mir war es ein Anliegen über das Thema “Flüchtlinge” zu schreiben, das derzeit ja sehr bewegt und die Züge vom Westbahnhof, wie Doris Kloimstein erzählte, nur mehr bis Hegyshalom fahren.

Trotzdem war das Thema Anfangs nicht sehr willkommen, es gab einigen Widerstand und dann sechs sehr schöne und sehr verschiedene Texte.

Doris Kloimstein hatte die Flüchtlingsproblematik erzählerisch in einem Dialog dargestellt, was auch ein Thema war, das wir einmal wählen wollten,  Peter Czak hatte  “Dämonen” vorgeschlagen, was das neue Mitglied, der schon bei Poetry Slams und mit Jopa Jotakim gelesen hat, in seinem Text aufgriff und vom “Kopf abschlagen” schrieb.

Ebenfalls ein sehr poetischer Text, meiner war laut Ruth Aspöck, die, den ihren von der feministischen Seite aufgriff, mehr journalistisch, ich denke, er war eher zusammenfassend und hat mir sehr geholfen, das sehr komplexe Thema, in den Griff zu bekommen.

Fritz Widhalm bezeichnete sich in seinem Text, als “netter freundlicher Mensch” und Peter Czak erklärte, warum man für Flüchtlinge sein muß, was auch sehr wichtig ist.

Nun also mein Text zur Flüchtlingsproblematik, der wieder sehr lang geworden ist.

Flüchten müssen:

Die größte Flüchtlingskrise seit 1945 scheint uns diesen Sommer erfaßt und uns zu der großen Hitze, belastet irritiert oder aus der Raison gebracht zu haben und dabei fing alles eher harmlos mit der Frage nach einem Aufteilungsplan zur Entlastung des Erstaufnahmelagers in Traiskirchen an.

Die Politiker begannen in ihrem gut geschulten Redestil zu diskutieren und die heiße Kartoffel gekonnt hin und her zu schieben.

“Jedes Bundesland muß seine Quote erfüllen!”, säuselte die lächelnde Innenministerin. Die Bürgermeister auf ihre Wählerstimmen bedacht, beriefen sich auf die Bauordnung und das Erstaufnahmelager in Traiskirchen begann zu explodieren und aus allen Nähten zu platzen.

Während ununderbrochen die Nachrichten kamen, daß die Leute auf den Boden, im Freien, in Zelten, etcetera, kampieren mußten, schien es unmöglich zu sein, sie in Kasernen, Schulen, leeren Wohnungen, Bürogebäuden unterzubringen.

Und die Zivilgesellschaft, die helfen wollte und mit Schlafsäcken, Zelten, Zahnbürsten, etcetera, nach Traiskirchen aufbrach, wunderte sich, daß sie dort nicht willkommen war und den Zelten und Schlafsäcke die Annahme verweigert wurde.

“Amnesty International” marschierte auf und wurde nicht hineingelassen, genauso wie die Psychiater, die sich mit den “Ärzten ohne Grenzen” auf dem Weg machten, die Traumatisierten zu versorgen.

Inzwischen rebellierte die Bevölkerung des kleinen Örtchens in der Nähe von Baden und organisierte eine Gegendemonstration.

Ein schönes blondes Mädchen schwenkte eine Fahne, die es vom Donauinselfest mitgenommen hatte, posierte in der  Gratiszeitung “Heute” und beschwerte sich über die jungen afrikanischen, syrischen, afghanischen oder von sonstwo herkommenden Männern, die es auf der Straße mit “Hallo, Süße!”, anquatschen und dazu lachen würden.

“Na ja!”, dachte sich da in mir die Psychologin, die in diesem Sommer einen Sommerroman über eine junge Syrierin in Traiskirchen schrieb, die mit der Anmache der afrikanischen jungen Männer ebenfalls ihre Schwierigkeiten hatte.

Die Lage eskalierte weiter, spitzte sich immer mehr zu und man konnte jeden Morgen, Mittag, Abend, in den Nachrichten von den katastrophalen Zuständen in Traiskirchen hören oder auch davon, daß  junge Männer, die Stachedrahtzäune zu der Festung Europa durchdringen wollten und dabei zu Schaden kamen.

Von den Bootsflüchtlingen konnte man erfahren, die auf Lesbos oder Lampedusa strandeten. Von den Booten, die ihr Ziel nicht erreichten und vorher untergegangen waren und der Bundeskanzler erzählte mit seiner glatten sanften Schmeichlerstimme imt Morgenjournal, daß man etwas gegen die fürchterlichen Schlepper, die diese fürchterlichen Boote so bauen würden, daß sie sicher untergehen würden, unternehmen müsse.

Dann wurde auf der Autobahn ein Lastwagen mit zweiundsiebzig toten Flüchtlingen gefunden und  das Helfersyndrom rührte sich.

Eine Demonstration auf der Mariahilferstraße wurde veranstaltet, zu der einige tausende Menschen kamen und die deutsche Bloggerszene organisierte einen Spendenaufruf, nachdem in Deutschland Asylunterkünfte angezündet worden waren.

Der Obmann der Freiheitlichen, Hans Christian Strache forderte einen Zaun an der Grenze Österreichs und Ungarn hatte einen solchen an der Grenze von Serbien schon längst gebaut und die Pforten am Budapester Bahnhof, den Flüchtlingen die nach Austria oder Alemania wollten, geöffnet und sie durchgewunken, während in Österreich die Züge bald nur mehr bis Hegyeshalom fuhren.

Und alle stöhnten auf und klagten, daß das ein zu großes heißes Thema wäre, das wütend  empört und Angst machen kann.