Der Sänger

Jetzt kommt wieder ein biografischer Roman, nämlich einer über den 1904 in Dawideny geborenen und 1942 in einem Schweizer Internierungslager verstorbenen Sänger, Joseph Schmidt, der mit seinem “Ein Lied geht um die Welt” in den 1930 Jahren einer der berühmtesten Sänger Deutschlands war, obwohl er mit seinen etwas über einem Meter fünfzig eher kleinwüchsig war und daher für die berühmten Tenorpartien auf der Bühne  nicht wirklich geeigent.

Der 1944 in Bern geborene Schweizer Autor Lukas <hartmann, der mir bei meiner Schweizer Literaturrecherche wohl entgangen ist, hat ihn geschrieben und bei “Diogenes” herausgebracht, wo er vor kurzem erschienen ist.

Von den berühmten Tenor, der in einem Schweizer Internierungslager schmählich gestorben ist, habe ich schon früher etwas gehört und es war es auch sehr interessant sich in diese Sängerbiografie einzulesen.

Lukas Hartmann scheint sehr sorgfältig, wie er in seiner Danksagung erwähnt, dafür recherchiert zu haben. Es sind auch einige schon erschienen Biografien über den Sänger angegeben, an denen und in einigen Archiven er sich orientiert hat und ich denke, daß es wohl immer etwas schwierig ist, bei einem Roman über eine wirklich gelebt habende Person, die Fakten von der Fiktion zu unterscheiden.

Das 1942 in Frankreich beginnende Buch liest sich aber leicht und flüßig. Da ist der schon etwas schwächliche Sänge, dessen Stimme nicht mehr die beste ist, bei einer Familie untergebracht, der er ein Abschiedskonzert gibt. Am nächsten Tag oder Abend wird er mit seiner Freundin Selma und zwei anderen Flüchtlingen, die Flucht über die Schweizer Grenze versuchen.

Dort ist man aber nicht mehr so freundlich zu den jüdischen Flüchtlingen, hat Angst vor Hitler und spricht auch davon, was die Flüchtlinge den Schweizern kosten, daß das Boot voll ist oder, ob sie wirklich so bedroht und gefährdet sind?

Das klingt, als hätte Lukas Hartmann von den rechten Blogs abgeschrieben und Josef Schmidt wird auch wirklich, als er die Schweizer Grenze passieren will, mit seinem inzwischen ungültigen rumänischen Paß, er ist in der Bukowina geboren und dem deutschen oder österreichischen, wo ein “J” hineingestempelt ist, abgewiesen.

Ein Flüchtlingshelfer, der an seinem guten Anzug, das Vermögen erkennt, spricht ihn an und bietet ihn an, ihn mit seinem Auto über die Grenze und dann in einem anderen bis zum Genfer Bahnhof zu bringen, wo er nach Zürich erster Klasse weiterfährt, um von den Kontrollen Ruhe zu haben. Dort muß er sich bei der Polizei melden, wird in ein Internierungslager gebracht und wird dort, wegen seiner Prominenz aber nicht sonderbehandelt, sondern ganz genau wie allle anderen Häftlinge auch. Das heißt, er muß arbeiten und auf seinen geschwächten Gesundheitszustand wird zuerst nur wenig Rücksicht genommen.

Einer seiner Mithäftlinge ist Manes Sperber. Es ist auch ein Arzt und ein Sanitäter dabei, die ihm dann doch in das Kantonspital Zurüch bringen. Da trifft er wieder Selma, die Krankenschwester Sophie ist sehr freundlich, der Assistenzarzt, der ihn untersucht, stellt eine schwer Laryngitis fest, eine Herzschwäche scheint auch dazu zu kommen. Der Professor weigert sich aber ihn genauer zu untersuchen, spricht von Simulanz und Schmidt muß obwohl ein jüdischer Arzt sehr heftig protestiert, in das Lager zurück. Dort wird er zwar in eine Pension überstellt, wo sich die Wirtin liebevoll, um ihn kümmert. Es ist aber schon zu spät, denn Schmidt stirbt am 16. November 1942.

Dazwischen gibt es immer wieder kursiv gedruckte eingestreute Sznen, die sowohl von einem der Verantwortlichen, dem seine Hände gebunden sind, als auch von einer sich inzwischen in einem Altersheim befindnen älteren Dame handeln, die als junges Mädchen in dem Dorf, wo sich das Lager befand, wohnte, von dem internierten Sänger für den sie mit ihrer Freundin schwärmte, erfuhr und sich wünschte, daß er für sie singen oder ein Konzert in dem Dorf geben sollte.

Sehr interessant, in Zeiten, wie diesen, wo man ja wieder so viel von den Flüchlingen, der Migration, der Überbevölkerung und dem “Bevölkerungsaustausch” hört, vom Schicksal Josef Schmidts zu lesen und auch davon, daß die Schweiz vielleicht gar nicht so hilfreich zu den jüdischen Emigranten war, wie ich es immer in der Schule gehört habe.

Du sagst es

Jetzt kommt ein Buch, das ich eigentlich gat nicht lesen wollte, denn der biografische Roman über Sylvia Plath, erzählt von ihrem Ehemann Ted Hughes, der 1955 geborenen, niederländischen Autorin Connie Palmen ist schon 2016 erschienen und ich habe auch in verschiedenen Blog über ihn gehört.

Obwohl mich Sylvia Plath, seit ich die “Glasglocke” gelesen habe, sehr interessiert und ich auch schon einige andere Bücher über sie, darunter Cornelia Travniceks Gedichte gelesen habe, wäre es mir eigentlich nicht eingefallen, “Diogenes” diesbezüglich anzufragen.

Dann war aber Klaus Cäsar Zehrers “Genie” auf der Shortlist des Bloggerdebutpreises, ich brauchte das Buch und “Diogenes” hat mir daraufhin seine Frühjahrsvorschau geschickt.

Da stand ein anderes Buch von Connie Palmen drinnen, das mich aber irgendwie nicht so sehr interessierte, wie Banana Yoshimoto, Bernhard Schlick oder Antony McCarten und der hat  einen  biografischen Roman über Jack Kerouac geschrieben und dieses Buch hätte zu mir kommen sollen.

So stand es vor ein paar Wochen auf dem Beipackzettel, es lag aber “Du sagst es” drinnen. Zuerst habe ich mir gar nicht soviel dabei gedacht und das Buch auf meinen Badezimmerstapel gelegt. Dann dachte ich, das ist aber schon erschienen und noch ein bißchen später, interessant, das will ich sehr gern lesen.

Jetzt habe ich es getan und finde es interessant, daß die großen  Schriftsteller, reale Personen, in diesen Fall sind es zwei Dichter, als Vorlage für ihre neuen Romane nehmen, was ja gut ist, weil man viel über diese Personen lernt und auch Anlaß zu der Frage gibt, ob den großen Schriftstellern vielleicht nichts mehr anderes einfällt?

Aber, um mich selber an der Nase zu naehmen, ich habe mich in meinen “Dreizehn Kapitel” ja selbst mit der Biografie des Sinologen Ernst Schwarz beschäftigt, weil ich dessen “Gesprengtes Grab” mal in einem Bücherkasten fand und Sylvia Plath, die große amerikanische Lyrikerin, die mit ihrer “Glasglocke”, glaube ich, posthum berühmt wurde, da sie sich 1963 mit einunddreißig Jahren das Leben nahm, scheint ja offenbar viele Dichterinnen  veranlaßt haben, sich mit ihrem Werk und ihren Lebensdaten zu beschäftigen.

Das Leben kann man sicher nachgooglen und die “Glasglocke” ist ja auch ein autobiografischer Roman und so steht in Connie Palmens Buch vielleicht gar nicht so viel Neues drin, aber es ist sicher interessant sich in einer Romanform mit dem Leben der amerikanischen Dichterin zu beschäftigen.

Connie Palmen wählte dafür die Ich-Form und läßt Plaths Ehemann, den Dichter Ted Hughes, das Leben seiner Frau erzählen, beziehungsweise sich mit ihm auseinanderzusetzten und sich zu verteidigen. Denn wenn  man der Mann einer Frau ist, die den Kopf in den Backofen steckt, weil man sie gerade betrogen hat und das Ganze auch noch das öffentliche Interesse und die öffentliche Aufmerksamkeit erregt, ist das sicher nicht leicht zu verdauen.

Obwohl ich die “Glasglocke”, Cornelia Travniecs Gedichte und auch Sigrun Höllriegls bei “Keipers” erschienenes “Odysseus x” gelesen habe, war es gar nicht so leicht in das Buch hineinzukommen und ich habe, da Connie Palmen über eine sehr dichte Sprache verfügt, auch länger mit dem Lesen gebraucht, weil ich nie mehr als vierzig oder fünfzig Seiten auf einmal schaffte, obwohl, das habe ich schon geschrieben, man das, was hier berichtet wurde, wahrscheinlich sowohl in der “Glasglocke” als auch bei “Wikipedia” nachlesen kann.

In der “Glasglocke” natürlich nicht alles, denn dieses Buch wurde ja erst während Ted Hughes Bericht geschrieben und so erzählt er, fünfunddreißig Jahre nach Sylvia Plaths und kurz vor seinem Tod, der 1998 erfolgte, von seinem Leben mit, wie er es nennt, “seiner Braut.”

Ted Hughes wurde in England geboren, Sylvia Plath, die Tochter eines deutschstämmigen Biologieprofessors in der Nähe von Boston, sie war offenbar hochbegabt, sensibel und sehr ehrgeizig, studierte Literatur und wollte, die größte Dichterin der USA oder vielleicht auch Englands werden und trat damit auch mit Ted Hughes, der vielleicht, die gleichen Ambitionen hatte, in Konkurrenz und wie das so ist, wurde er vielleicht auch ein bißchen mehr und ein bißchen früher, als sie anerkannt, was sie zu emotionalen Ausbrüchen veranlaßte.

Sie war auch sehr eifersüchtig, dann aber auch wieder sehr fleißig. Wusch, kochte und putzte, neben ihrem Studium und ihrem Schreiben, für ihn und sie litt schon an Depressionen, bevor er sie kennenlernte und hatte da schon einen Selbstmordversuch hinter sich gebracht, der sie in die Psychiatrie und zu Elektroschockbehandlungen, wie das damals so üblich war, brachte.

Das Paar heiratete in England und mußte die Heirat, weil Sylvia Plath noch studerte und dann kein Stipenddium mehr bekommen hätte, eine Zeitlang verbergen. Sie gingen kurzfristig nach Amerika zurück und dann wieder nach England, wo Sylvia Plath, ja auch 1963 starb und zwei kleine Kinder hinterließ, die nebenan friedlich schliefen, während die Mutter den Kopf in den Backofen steckte.

Die Ehe der Beiden war damals schon geschieden oder sollte es werden, nachdem Ted Hughes sie betrogen hatte und das alles erzählt er oder besser Connie Palmen in sehr dichten eindrucksvollen Worten.

Wie nun scho öftern erwähnt, so neu ist mir das alles nicht gewesen, habe ich ja während ich die “Glasglocke”, “Parablüh”und “Odysseus x” las, das alles wahrscheinlich nachgegooglet. Weiß aber jetzt wieder ein Stückchen mehr von Sylvia Plath und ihrem Leben, obwohl, das alles wirklich, so wie beschrieben war, wird sich wohl nicht so ganz  mehr klären lassen und ich habe in den Schränken, glaube ich, auch noch einiges anderes von Sylvia Plath gefunden, was ich vielleicht lesen sollte.

Aber wann komme ich bei meinen Bücherbergen und meiner endlos Leseliste dazu?