Serpentinen

Jetzt geht es weiter mit einem Buch das  auf der nächsten deutschen Buchpreisliste stehen könnte, nämlich Bov Bjergs “Serpentinen”.

Mit einem  Ausschnitt daraus hat der 1965 in Heiningen geborene  Rolf Böttcher, der sein Pseudonym nach der dänischen Stadt Bovbjerg wählte, 2018 beim “Bachmannpreis” gelesen und ich glaube ich gewonnen und bekannt ist der Autor wohl mit seinem Bestseller “Auershaus”, 2015, geworden, das ich mir, glaube ich, einmal aus den “Thalia-Abverkaufsstößen” in der St. Pöltner Kremsergasse zog, aber wie auch den Geschichtenband “Die Modernisierung meiner Mutter” gelesen habe.

“Serpentinen” hat bei “Amazon”nicht so gute Bewertungen und man kann wahrscheinlich sagen, sehr viel Neues ist bei dem Buch nicht dabei, wenn es auch wieder auf sehr ungewöhnliche und nicht chronologische Art und Weise erzählt wird.

Da geht ein Soziologe mit seinem, ich glaube, siebenjährigen Sohn auf der Schwäbischen Alp wandern. Das ist die Gegend, wo er seine Kindheit verbrachte und die erlebt er jetzt mit dem Siebenjährigen, der öfter “Um was geht es?”, fragt und zur Antwort “Serpentinen” bekommt.

Serpentinen sind in diesem Fall wohl Endlosschleifen, Echokammern des Gedächtnissen oder auch Traumatisierungen, die zu Flaschbacks führen.

Der  Vater und der Großvater vielleicht auch der Urgroßvater des Ich- Erzählers haben sich umgebracht. So sucht er mit dem Buben die Kirche auf, wo seine Eltern geheiratet haben, den Friedhof, wo der Freund Frieder begraben liegt, läß sich vom Sohn,  ständig Bier reichen und fragt ihm  das Einmaleins ab. Er hegt auch Arggressionen gegen den Buben, will ihm einmal sogar mit einem Kopfpolster ersticken und hat auch Schuldgefühle, daß er seinem Vater, der sich erhängt hat, etwas angetan hat.

Die Kindheit war, wie  damals wohl üblich und von den Kriegsheimkehrern als normal betrachtet wurde, gewalttätig. Heute gibt es Gesetze, daß ein Kind das Recht auf eine gewaltfreie Jugend hat, dafür wird heute wahrscheinlich öfter, als damals über den sexuellen Mißbrauch diskutiert, den es damals wohl auch gegeben hat.

Das Kind ging zum Pfarrer beichten, zählte dort sämtliche Gebote auf und hakte die ab, die er übertreten hat. Dabei findet ein Freund ein Pornoheft, wird vom Vater blau und grün geschlagen, hegt Mordphantasien und führt sie dann natürlich nicht aus.

Der  Erzähler kommt aus einer Arbeiterfamlie, hat seine Herkunft also verlassen und ist bei den Akademikern dann doch nicht angekommen.

Da gibt es eine schöne Stelle, die das thematisiert. M., die Mutter des Jungen ist Juristin und die Mutter des Erzählers hätte auch gerne studiert, mußte aber von der Schule abgeben und Zimmermädchen werden. Um das zu kompensieren ließ sie wohl den Sohn studieren. Vorher hat sie aber während des Abstaubends oder so gelesen und gelesen, dabei zum Beispiel die “Todesfuge” auswendig gelernt, was den Sohn, der sie mit dem Jungen im Altersheim besucht, später wundert.

Der Krieg und die Nazivergangenheit kommen, wie wohl nicht, natürlich vor und der Vater macht mit dem Sohn auch seltsame Sachen. Beeindruckend die Stelle, wo der Sohn ein Cola trinken will. So gehen sie in der Nacht in den Gastraum der Pension wo sie logieren, finden den Flaschenöffner nicht. Ein Kofferradio läuft und der Vater wird an eine Szene, die er in seiner Kindheit erlebte  erinnert. Er findet einen Werkzeugkoffer mit Filzstiften geht mit dem Sohn ins Badezimmer, malt mit ihm oder zuerst er die Fiesen an. Dann machen sie eine Nachtwanderung.

Der Sohn hat für den Vater schon vorsorglich die Bierflaschen eingepackt. Dann steigt er mit einem Seil auf einen Baum, fällt herunter und bleibt reglos liegen. Später findet sich der Vater auf der Polizeieistation und im Untersuchungsgefängnis wieder. Der Junge hat sich aber nur den Arm gebrochen. Die Mutter ruft schimpfend an, aber die Urlaub kann weitergehen.

Beide fahren dann nach Berlin zurück und der Vater hat wohl, wie im Klappentext steht, einiges gelernt und die Kurve gekratzt.

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