Im Brand der Welten: Ivo Andric. Ein europäisches Leben

Nun kommt das erste Sachbuch der zum “Leipziger Buchpreis” nominierten Bücher, das ich mir, obwohl ich wußte, daß “Zsolnay” mir ein PFD schicken wird, die ich ja nicht so gerne lese, doch nicht zu bestellen verkneifen konnte, nachdem mir “Rowohlt” auch “Middlemarch” als E-Book schickte, denn Ivo Andric, der Nobelpreisträger von 1961, von dem ich, wenn mir mein Bibliothekskatalog nichts unterschlägt, zwar “Wesire und Konsuln” , aber nicht die berühmte “Brücke über die Drina” in meinen Regalen habe, interessiert mich eigentlich sehr.

Der 1973 in Hamburg geborene Journalist Michael Martens hat das Buch geschrieben, das vorigen Herbst erschienen ist und er geht es sehr genau mit einem Kapitel über die Geschichte Bosniens an, in dem zu der Zeit wo Ivo Andric 1892 geboren wurde, noch der Aberglaube herrschte und die Bewohner, Moslems, Katholiken, Ortohodoxe, Juden, alles durcheinander gemischt, oft noch Analphabeten waren.

Ivo Andrick, dessen Vater früh gestorben ist und über den man munkelt, daß er der Sohn eines katholischen Priesters ist, weil seine Mutter diesen den Haushalt führte, wuchs bei Verwandten seines Vaters auf, weil die Mutter ihn nicht ernähren konnte und hatte das Glück, daß es in Sarajevo, ein Gymnasium gab, weil er sonst nach Wien reisen hätte müßen, in das er erst  nach seiner Matura kam, um kurz dort zu studieren, er studierte auch kurz in Krakau, die Ermordung des österreichischen Thornfolgers 1914 ließ ihn aber  zurückkehren, denn er war ja in seiner Jugend ein Revolutionär, hat als Gymnasiast auch ein solches Gedicht geschrieben, ist mit jenen Gavrilo Prinzip in das selbe Gymnasium gegangen und war mit einem anderen Anfhrer des Attentates auch befreundet.

Am Tag des Attentates saß er in Krakau im Theater, verließ dieses fluchtartig und reiste zuerst nach Wien zurück, später begab er sich in den Sommerurlaub nach Split, wurde dort aber verhaftet und wurde erst 1916 von Kaiser Karl amnestiert.

Nach 1918 hat sich dann der erste jugoslawische Staat gegründet, mit dem die Kroaten  unzufrieden waren und Ivo Andric, der von Michael Martens durchaus widersprüchlich, ja sogar unsympathisch gezeichnet wird, entpuppt sich als glühender Jugoslawe.

1919 erscheint Andric erstes Buch, an das er sich später gar nicht gern erinnert, er übersiedelt nach Belgrad und wird dort, obwohl er Atheist ist, Sekretär im Religionsminiterium, ein ehemaliger Lehrer, inzwischen Religionsminister, hat ihm das vermittelt. Andric, der fürchtet als Schriftsteller, seine Tante und seine Mutter nicht unterstützen zu können, will aber in den diplomatischen Dienst.

Er will zuerst nach Amerika, wechselt dann aber schnell die europäischen Botschaften, kommt nach Rom, Bukarest, Triest, Spanien und Graz, dort studiert er fertig und schreibt seine Doktorarbeit, fühlt sich oft krank, er hat die Tuberkolose, ist mit den Städten in denen er arbeitet oft unzufrieden, so nennt er Genf, wo er drei Jahre für den Völkerbund arbeitet, eine häßliche Stadt, was ich, die ich ja vor zwei Jahren dort war, eigentlich nicht bestätigen kann. Sein literarisches Werk  nimmt zu, obwohl er wegen seines diplomatischen Dienstes oft länger nicht zum Schreiben kommt.

Als seine literarischen Vorbilder zählen Thomas Mann und Goethe und am PEN-Kongreß von 1933 in Dubrovnik, dem berühmten, um Hitler zu verhindern, nimmt er auch teil.

1939 wird er Gedandter des Königreichs Jugoslawien in Berlin, es gibt es Foto von ihm bei seinem Antrittsbesuch in Berlin, in seiner Paradeuniform, er soll verhindern, daß es zu einem Krieg kommt, was aber durch den Putsch in Belgrad verhindert wird. 1941 greift Deutschland Jugoslawien an, die Botschaft wird ausgewiesen und Andric kehrt nach Belgrad zurück.

Dort in dem von den Deutschen besetzten Land, wo die Gewalt,  die Gehenkten oder die in die Flüße geworfenen Leichen von beiden Seiten passieren, zieht sich Andic in ein Untermietzimmer zurück und schreibt seine drei Großen Romane.

“Die Brücke über die Drina”, “Wesire und Konsuln”, wo es um inen nach Bosnien versetzen französischen Diplomaten geht, der sich mit den Türken auseinandersetzen muß und das “Fräulein- eine Studie über denGeiz”, die alle drei 1945 bei verschiedenen Verlagen erscheinen.

Andric wird Präsident des kommunistischen Schriftstellerverbandes und er, der einst Gedsandter des Königs war, Kommunst, reist als Genosse Ivo durch das Land, läßt sich vor einem Flugzeug fotografieren und hält erste Mai Reden an Tito und Stalin.

Auch da soll er sich vornehm oder diplomatisch zurückgehalten haben, heißt es in dem Buch, nie das gesagt, was er wirklich dachte, sich weder für die verfolgten Schriftsteller eingesetzt noch sie denunziert haben, weil er, wie es einer seiner Verteidiger nannte “nur schreiben und leben wollte.”

1958, mit sechsundsechzig Jahren, heiratet er seine langjährige Geliebte Milica Babic und 1961 ist es dann, der schon einige Male dafür nominiert war, soweit, daß ihm der Nobelpreis zugesprochen wurde. Tito gratuliert und Andric, der, obwohl ja langjähriger Diplomat, Interviews haßt, setzt es durch in Stockholm keine Pressekonferenz geben zu müssen und erkundigt sich bei seiner Übersetzerin wieviel Abendkleider seine Frau für die Verleihung braucht?

Andric kauft sich ein Haus an der Adria, kehrt nach dem Tod seiner Frau nach Belgrad zurück, hat Probleme mit dem Altern und Angst blind zu werden.

Am 13. März 1975, also vor genau fünfundvierzig Jahren stirbt er, sechzehn Jahre später zerfällt Jugoslawien und der Balkankrieg beginnt. Andric oder seine “Brücke” wird zum Spielball der Nationen, auf der einen Seite geehrt, auf der anderen wird eine Straße mit seinen Namen umbenannt und seine Büste zerstört. Er ist aber trotzdem wahrscheinlich ein wichtiger Literat gewesen und seine Bücher sicher Wert gelesen zu werden. Hoffentlich komme ich bald dazu.

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