Engele

Jetzt kommt wieder ein Debut und wieder ein Roman in dem ein Einelkind über die Großelterngeneration erzählt, aber diesmal wird nicht mit dem Großvater in die USA gefahren oder dorthin geflogen, um das Tagebuch der Großmutter zu verkaufen, in dem Buch der 1968 in Augsburg geborenen Medienredakteurin Claudia Tischky geht es, um dasselbe Thema, aber weniger spekulärer zu.

Da geht es um Lotte, die eine Fernbeziehung zu einem Frieder hat und wenn sie mit ihm im Bett liegt oder nach Italien reist, fängt sie an ihn von ihren Vorahninnen zu erzählen.

Da ist einmal Ruth, die Großmutter, in der Zwischenkriegszeit geboren, die sich als Krankenschwester ausbilden ließ und  bis zum zweiten Weltkrieg wahrscheinlich ein recht emanzipiertes männerreiches Leben führt. Dann heiratet sie einen Sigfried, einen Musiker, der in den Krieg eingezogen wird, von ihm bekommt sie zwei und später noch ein drittes Kind. Clara ist Lottes Mutter und in den Fünfzigerjahren wird der Herr Musikschullehrer in der Schule wegen Kindesmißbrauch verhaftet und eingesperrt. Ein Kollege bringt Ruth die Aktentasche und die Mutter erklärt den Kinder “Der Vater ist verreist!”

Das alles, die Nachkriegskindheit und die Geschichte der Groß- und Muttergeneration wird sehr abgehackt erzählt und man fragt sich manchmal, was das Besondere der Geschichte ist?

Ruth arbeitet als Ordinationshilfe, nimmt einen Juristen als Untermieter, damit sie mit den Kindern die Beamtenwohnung behalten kann und als Sigfried, der im Knast eine Knastkapelle aufbaute, vorzeitig entlassen wird, beginnt für sie die große Katastrophe.

Sie muß aus der Wohnung, Siegfried bekommt einen Job, wird später Fremdenführer, die Familie bleibt zusammen, obwohl Ruth ihren Siegfried für seine Tat, die eigentlich nicht so genau erklärt wird, was und wie das passierte,  nie verzeiht und ihm immer wieder dafür bestraft und beschimpft.

Die Großmutter fährt mit den Enkelkindern auf Urlaub, kauft ihnen Eis und Kuchen und schinmpft nicht, wenn das Bett einmal naß wird und stirbt irgendwann im Mai, während die Enkeltochter der Großmutter durch ihre Erzählungen immer näher kommt und nicht nur ihr, denn als ihr ihr Frieder am Ende des Buches verkündet, daß er für zwei Jahre nach Brasilien gehen wird und sie ihn fragt, “ob das das Ende ist?”, antwortet Frieder “Nein, komm bitte nicht!” und der Leser bleibt vielleicht ein wenig ratlos zurück oder wenn er etwas älter sein sollte auch nicht, denn dann hat er wahrscheinlich auch eine Nachkriegskindheit mit einer Nachkriegsoma, die eine mehr oder weniger emanzipierte Frau war, erlebt und kann ihre Geschichte erzählen.

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