Pink Hotel

Jetzt kommt auch so etwas, wie ein Sommerbuch oder eines, das schon länger auf meiner Leseliste steht, ein Ein-Euro Fund aus der verstaubten Kiste der Buchhandlung in der Lerchenfelderstraße, das es eigentlich nicht kosten hätte dürfen, denn es ist ein Leseexemplar, der Roman der 1983 in London geborenen Anna Stothard, ein “Diogenes-Buch”, 2011 auf Englisch, 2012 auf Deutsch erschienen und eines, das vorher durch die Blogs zog, so das ich darauf neugierig war und gleich danach griff und es war, glaube ich, ein guter Griff, denn der Ton der jungen Frau ist sehr frisch und ihre Themen sehr interessant und originell.

Da steht eine, knapp achtzehnjährige Ich-Erzählerin in einem ausgeflippten “Pink Hotel” in Kalifornien, steht da in Jogginghosen und Baseballkappe und schaut sich die Bilder einer Lily an, die, stellt sich bald heraus, ist ihre Mutter und mit zweiunddreißig Jahren bei einem Motorradunfall gestorben. Sie hat Mann und Kind verlassen, als sie siebzehn und die Kleine drei war, trotzdem hat und das erscheint mir ein bißchen unwahrscheinlich, eine Krankenhausangestellte zweimal nach London angegrufen, denn die Erzählerin hat  ihre Mutter seither nicht mehr gesehen.

Die klaut der Stief nun die Kreditkarte und bucht sich einen Flug nach Amerika. Zum Begräbnis kommt sie zu spät, wohl aber noch zu der Totenwache oder einer sehr bekifften Abschiedsparty in dem Hotel, das die Mutter mit einem Rothaarigen führte. Sie stiehlt sich in ihr Zimmer, legt sich in die Badewanne, da kommt aber ein “Riese” und will ein Foto von Lily klauen, vom betrunkenen Rothaarigen wird er hinausgeschmissen, der dann im Bett entschläft.

So stopft die Tochter Kleider, Zigaretten und auch Geld der Mutter in einen roten Koffer, in dem auch Briefe sind und macht sich damit auf den Weg.

Vom Riesen, dem Fotografen David, wird sie zwar ein paar Stunden später auf einer Bank am Strand gesehen, sie erzählt etwas von einem Freund, der das Mietauto mit ihren Kleidern und Papieren klaute und begibt sich mit dem Koffer in ein Hotel, um den Inhalt erstmals durchzusehen.

Dort findet sie den Trauschein mit Richard Harris und noch ein anderes Hochzeitsfoto mit einem August, der, wie sie herausfindet, irgendwo Barkeeper ist, die nächsten zwei Tage verbringt sie abwechselnd vor dem Büro des Fotografen Davids und stopft sich mit Donuts voll und auf der Suche nach einer Bar, bis sie August findet.

Sie bleibt den ganzen Abend bei einem Martini sitzen und liest in Lilys Buch, dann spricht er sie an und will sie verführen, da kann sie ihm sagen, daß sie Lilys Tochter ist, erfährt, daß sie ihn mit Achtzehn geheiratet hat, bis sie ihm wegen Richard verlassen hat und danach eine Ausbildung als Krankenschwester machte. Sie verbringt die Nacht bei Richard und verläßt ihm am Morgen, das Hochzeitsfoto läßt sie da, sein T-Shirt, das er ihr borgte nimt sie mit.

Sie  trifft wieder  David,  verabredet sich mit ihm vor dem  Hotel,  in dem sie sich eingemietet und den Koffer in einem Schließfach deponiert hat. Er kommt zu spät, so wird ihr der Rucksack von einem Mann mit Nasenring gestohlen, der später auch in das Hotel kommt, um den Koffer zu holen. David, der nicht weiß, daß sie Lilys Tochter ist, läßt sie in seinem Appartement schlafen und vermittelt ihr einen Job in einen Filmset, er kauft ihr auch Kleider, weil er nicht will, daß sie Lilys Sachen trägt.

Eines Abends ist er sehr seltsam, hat die Wohnung verwüstet und spricht nicht mit ihr, sie verabreden sich zwar für den nächsten Tag, wenn ihre Filmschicht vorüber ist, sie erleidet aber inzwischen eine Lebensmittelvergiftung und muß in ein Krankenhaus. Als sie von dort abhaut, ist Davids Wohnung leer, nur ihre Sachen findet sie in ein paar Tüten.

Sie ruft nun ihren Vater an und sagt, daß sie zurückkommen wird. Ihr Rückflugticket ist inzwischen verfallen und sie viel länger als geplant in LA geblieben, vorher will sie aber noch an den Ort in der Wüste, wo Lily verunglückt ist. Sie steigt vor einem verfallenen Motorradshop aus dem Bus aus und findet dahinter einen Bungolow, in dem sich Richard, der Mann mit dem Nasenring und auch der rote Koffer befinden.

Es kommt nun zu einer Aussprache, sie hat das Pink Hotel geerbt, weil Richard und Lily inzwischen geschieden waren und Richard hat sich den Koffer aus dem Hotel geholt, weil er ihre Sachen wiederhaben wollten, obwohl die Tochter sie logischerweise wahrscheinlich auch geerbt haben dürfte. Er erzählt ihr auch von einem goldenfarbenen Buick, der die zu schnellfahrende Lily niedergefahren hat. David besitzt ein solches Auto und hat sich inzwischen auch der Polizei gestellt.

Dann geht es ein paar Jahre weiter, die Ich-Erzählerin erzählt, wie sie mit David nach dem er aus der Haft entlassen wurde, das Hotel wiederaufbaute und von ihrer Liebe zwischen ihm und ihr.

Ein sehr interessantes Buch, in dem es auch immer wieder Rückblenden auf das Leben der Ich-Erzählerin gibt, sie ist zum Zeitpunkt des Geschehens aus der Schule geflogen, später holt sie ihren Abschluß nach, ihre Beziehung zu den Großeltern wird auch geschildert und die zu einem kleptomanischen Freund und ihren Panikattacken.

Sehr spannend, manchmal ein wenig unlogisch, zum Beispiel, die vielen Anrufe, die während sie in L.A. ist, von Richard, dem Anwalt, etcetera zu ihrem Vater nach London kommen.

Aber ein spannender Roman einer jungen Frau über die Schwierigkeiten des Lebens, dem Aufwachsen und den Überforderungen, die einer überall begegnenen, der vielleicht ein wenig weniger dramatisch, beziehungsweise mit mehr Actionhandlung, als die Romane von Ronja von Rönne, obwohl die ja auch Panikattacken schildert, Helene Hegemann oder Olga Grjasnowa, ist, der mir eigentlich sehr gut gefallen hat.

Von der Autorin gibt es, glaube ich, inzwischen weitere Bücher. Mal siehen, ob es sie auf Deutsch gibt und, ob sie zu mir kommen werden.

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