Die Obstdiebin

Weiter gehts mit den Harlander Backlistbüchern, sprich denen, die ich mir von dem Geburtstagsgutschein der Anna 2019 besorgte, nämlich Peter Handkes, des damaligen Nobelpreisträgers Peter Handke und der 1942 in Griffen geborene, gehört wohl zu den umstrittensten Schriftsteller, wie auch die Nobelpreisdiskussion im Literaturcafe deutlich zeigte.

Eine Schlaftablette, ein Langweiler, wie das dort diskutiert wurde und der O -Ton der dortigen Kommentierer war, daß man ihn, auch wenn er den Nobelpreis bekommen hat, nicht lesen müße. Muß man natürlich nicht, aber dann hat man keine Ahnung von seinem Schreiben und interessant ist es sicherlich sich in die Langsamkeit und das Flanieren des sicherlich umstrittenen Schriftsteller, der wahrscheinlich auch ein schwieriger Mensch ist, einzulassen. Ich habe Peter Handke von dem ich in der Schule, ich habe 1973 maturiert schon ein bißchen was gehört, aber damals habe ich Thomas Mann und Hermann Hesse gelesen, mir aber, glaube ich, auch den “Hausierer” gekauft. Das “Wunschlose Unglück” zuerst abgelehnt, weil für experimentell gehalten, dann als ich es gelesen habe war ich erstaunt, wie realsistisch es war.

Ein Buch über den jungen Handke habe ich gelesen, war auch auf einigen Diskussionsveranstaltungen und die “Fahrt im Einbaum” wo es um die Jugolsawiendebatte ging. Da wurde Handke für sein Eintreten für die Serben ja sehr angegriffen und beschimpft, was mich besonders störte, als das auch Sascha Stanic anläßlich seiner Buchpreis-Rede tat. Er hat da als bosnischer Flüchtling wohl eine andere Sicht darauf, aber das Leben ist vielseitig und es hätte sicherlich auch gereicht,”Da habe oder will ich nichts dazu sagen!”, dadazu sagen oder sich einfach für den Preis zu bedanken und sich zu freuen.

Ich habe mich über den Nobelpreis gefreut, war über die Hatz, die Handke da entgegen schlug überrascht und befremdet und nun hinein an einem Sommerfrischenwochenende in die” Obstdiebin”. Was erwartet mich da? Habe ich wohl gedacht und zuerst auf die über fünfhundertfünfig dünn bedruckten Seiten geschaut. Im Beschreibungstext steht etwas von Roman oder Geschichte, das zweitere ist ein O- Ton Handkes, der seine “Einfache Fahrt ins Landesinnere”, als das “Letzte Epos” bezeichnet und da verläßt er die Niemandsbucht. Das ist der Titel eines anderes Handke Werks, das ich nicht gelesen habe, um sich auf die Suche nach einer Obstdiebin zu machen. Ein Bienenstich den er sich zuzog, als er mit nackten Füßen durch das Gras ging, hat ihn dazu veranlaßt, so daß er das Buch, das noch auf seinen Tisch lag, liegen ließ und los maschierte. Das Ganze ist in einem durchgeschrieben undeinDauermonolog. Es gibt Absätze, aber keine Kapitelüberschriften und schon gar nicht einzelne Teile, nur eine wahrscheinlich vom Verlag angefügte Kapittel oder Iinhaltsangabe, die”Der Gare-Saint-Lazare bis hin zu “Einer Festrede” lautet, damit man sich wahrscheinlich in den fünfhundert Seiten Labyrinth doch nicht so sehr veriirrt. Für die, die also einen Plot, eine Handlung mit dem entsprechenden Spannungsbögen wollen, werden sich vielleicht enttäuscht abwenden und “Da passiert ja nichts!”, schreien.

Irrtum, es passiert eigentlich sehr viel. Man muß aber wahrscheinlich geduldig sein und einen langen Atem haben um Peter Handke auf seiner Reise durch Frankreich zu folgen. Denn es sind eigentlich ganz banale Dinge, die ihm da auf seiner Suche nach der Obstdiebin passieren. So fallen ihm, als er über den Markt stolpert, er ist durch seinen Stich da auch etwas behindert, die Kanalsationsplatten auf, die da am Boden verlegt werden, um das Kabelfernsehen, die Telefonnetze, das Gas, etcetera zu verlegen. Vorher hat er sich über das Auto des Therapeuten, der täglich seinen Nachbarn pflegen kommt, gewundert. Dann trifft er die Clochards beim Bahnhof, grüßt sie, trinkt mit ihnen ein Schlückchen Wein und dann bei einem Buffet, um den Rauchgeschmack aus dem Mund zu bekommen noch ein Glas Wein. Er wünscht sich für seine Reise nach Paris Segenwünsche, gibt den dortigen Clochard nochmals Geld, wird als er das beim Zweiten verweigert, von diesen wüst beschimpft. Das sind dann die Segen, dann will sich der ältere Mann, die jungen Frauen im Zug ansehen und blickt in Kopftücher und Verschleierungen. Sieht dann die Doppelgängerin der Obstdiebin, die als der Zug an der Provinzgrenze kontrolliert wird, die Kontrolleure wüst beschimpft.

Ein schöner Handke-Satz ist der von denFrauen im Zug, die sich nach dem Aufwachen schminken, obwohl sie ans Meer und nichts ins Landesinnere fahren. Dann geht es schon zur Obstdiebin und wir erfahren ab etwa Seite hundertzwanzig etwas mehr von ihr und was es mit ihr auf sich hat. Da ist auch interessant, daß Handke schreibt, daß er keine Kriminalgeschichte schreiben will, weil er die als nicht Plotschriftsteller natürlich haßt. Die Obstdiebin ist eine junge Frau heißt Alexia oder auch nicht, war in Russland, will Russisch lernen, hat einen russischen Vater und eine verschollene Mutter, aber auch das stimmt wahrscheinlich nicht so ganz. Sie wird als Streunerin und Herumtrampende beschrieben, obwohl sie mal hier mal dort als Kellnerin, Zimmermädchen oder auf Flußfischmärkten gearbeitet hat. Es wird beschrieben, wie sie zur Obstdiebin wurde. Der Vater hat sie dazu, wie zu einer Mission oder Berufung, die sie hätte, dahingetrieben. Mit Ausnahmen von Trauben und Nüßen klaut sie immer nur einzelne Früchte, wie beispielsweise Birnen, die sie dann oft gar nicht ißt. Handke verfolgt sie auf ihrer Reise und da sieht sie an der Oise chinesische Flußfahrer bei deren Anblick sie beschließt das Obstdiebstum aufzugeben.

Sie flüchtet dann von Handke in einer einfachen Sprache erzählt, nach Cergy, telefoniert mit ihrem Bruder, nimmt ein Abendessen ein, landet dann in Courdimanche und nimmt dort an einer Totenwache teil. In dieser Außensicht geht es mit dem auktorialen Erzählen auf der Suche nach der Mutter, die Bankfrau ist, weiter. Der Krieg wird erwähnt, findet die Obstdiebin doch einen Napf aus Aluminium, der von einem Soldaten stammen könnte, “versteinert, wie ein Stock” dabei, wieder so eine eine schöne Handke Wendung und die Frage der Schuld wird thematisiert.

Die Obstdiebin Alexia wandert dann durch die Au und begegnet verschiedene Tiere dabei, so kreuzt ein Hund, ein Rabe, ein Wal, ein Goldfasan und auch eine vermißte Katze ihren Weg und dann der Pizzabote Valter, der ihr das Gepäck trägt, Mühlenbrot für sie beaorgt und dann mit ihr Essen geht.

Im Cafe l´ Universe bekommen sie dann die Geschiche von dem Selbstmörder Zdenek erzählt und ein alter Mann hält eine Hymne auf Haselnüße. Sie gehen in eine kurdische Kebabbude, dort trifft Alexia eine Schulfreundin, die sie dann mit Valter verläßt, um weiter an der Grenze zwischen der Ile de France und der Picardie in einen Dschugel geraten, wo sie auch das Kätzchen wiedertreffen, das dann von seinem Besitzer abgholt wird.

Wir treffen auf eine alternde Lehrerin die im Sommer, die Geschichte spielt in derSommerhitze einen Kriminalroman schreiben will und Alexia und Valter ziehen dann in derAuberge deDieppe ab, wo si esich nacch einem Tanzabend trennen und einen Traum von der Muttter gibt es auch.

Nach einigen Hin- und her, geht es dann an die Baustelle, wo der Bruder Lehrling ist., Sie gehen auf ein Fußballspiel und am Schluß gibt es noch ein Familienfest und ich habe eine Woche lang einen sehr spannenden Text des “Deutschreibenden in der französischen Niemandsbucht”, wie auf Seite 525 steht, gelesen und bin etwas erstaunt, wie scheinbar einfach Handke es sich da macht, wenn ich so schreiben würde, würde es sicher heißen, da passiert ja nichts! Da ist keine Spannung, Handlung drinnen und außerdem ist es oft surreal und schwankt von einem Thema zum anderen. Einmal sind wir im Krieg, dann wieder im Dschungel und Uli aufgepaßt, der Nobelpreisträger gendert ebenfalls nicht, sondern schreibt von “weiblichen Maurern, Dachdeckern, Elektrikern, Zmmerleuten”, die Sprache ist sehr schön und irgendwo habe ich gelesen, daß das ein sehr ungewöhnlicher Handke ist. Das kann ich nicht beurteilen, weil ich nicht so viel von ihm gelesen habe, habe das Lesen aber sehr genoßen und nein, liebes Literaturcafe, eingeschlafen bin ich dabei nicht!

6 thoughts on “Die Obstdiebin

  1. Liebe Frau Jancak-Nagl!

    Ich freue mich, dass auch ich obiges Buch “Die Obstdiebin” besitze! Ich habe es nun ausschnittsweise gelesen, wie ich es leider bei vielen Büchern mache! Mich bewegt und beschäftigt dieses neue Buch (2019 erschienen als zweite Auflage) auch auf irgendwelche Weise auch immer. Der Autor und Nobelpreisträger Peter Handke mag als Mensch und Schriftsteller sicherlich eine schwierige Persönlichkeit sein, wie ich glaube und denke. Folgende Rezension habe ich nun in zweistündiger Arbeit verfasst, und möchte diese vor Veröffentlichung bei amazon.de Ihnen zum Lesen hiermit übermitteln.

    „Die Obstdiebin“ oder einfache Fahrt ins Landesinnere (Peter Handke)

    „Diese Geschichte hat begonnen an einem jener Mitsommertage, da man beim Barfußgehen im Gras zum ersten Mal im Jahr von einer Biene gestochen wird.“
    Mit diesem bemerkenswerten, seltsamen, rätselhaften Satz beginnt das „Letzte Epos“ das Peter Handke als Schriftsteller veröffentlichte. (2019)
    Dann heißt es „Zur Zeit, da ihre Geschichte spielt, war die Obstdiebin gerade von einer monatelangen Reise zurückgekehrt.“ (S. 137) Als Leser dieses Buches habe ich das Gefühl, es handle in diesem Roman sich um eine besondere Frau im Leben des preisgekrönten Schriftstellers Peter Handke, die er mit einem zusammengesetzten Wort „Die Obstdiebin“ bezeichnet, die er nun somit näher beschreiben, erklären, vorstellen möchte.
    Vier weitere zusammengesetzte Wörter „Obstdiebintasche“, „Obstdiebestum“, „Obstdiebingeschichte“, und „Obstdiebszeit“ weisen die Absicht des Autors auf einer Beziehung zu einer mutigen Frau hin, um ihr somit ein literarisches Denkmal setzen zu wollen, ob dies seine Mutter oder Großmutter sei, oder einer anderen Frau, wird mir nicht klar!
    Schließlich wird der Roman politisch, und es heißt „War das denn möglich: ein einzelner Mensch, welcher ausschwärmte? Es war möglich. Noch als Mutter, auch als Großmutter würde sie von der Obstdiebszeit träumen. Eine Partei gründen? Die Partei der Ortsdiebe? Aber gab es die nicht schon?“ Und der Roman endet mit den geheimnisvollen zwei Worten „Ewig seltsam.“
    (15.07.2021 14:32)

    • Sehr schön und schön, daß wir jetzt wieder über das Buch diskutieren und Sie sich wieder bei mir melden, denn ich habe Sie schon wieder vermißt!Ich bin ja keine Handke- Expertin und habe nicht viel von ihm gelesen, obwohl ich schon viele Bücher seiner Bücher gefunden habe und dieses war von seiner Schreibart besonders interessant und Handke sicherlich ein großer Dichter, dem ich den Nobelpreis wirklich vergönne und schade finde, daß so widersprüchlich darüber diskutiert und er so angegriffen wurde!

  2. Antwort für den Uli:
    Vermutlich die meisten Frauen und die nicht besonders konservativen Männer, die dagegen aus, was immer für Gründen ankämpfen wollen!
    Ich frage nochmals, was haben Sie dagegen, wenn man Ärztin, Psychologin, Tischlerin, etcetera, sagt und natürlich Künstlerin, da muß ich Frau Heidenreich widersprechen, denn das ist ein absolut eingebürgertes Wort und hat schon so geheißen, als man das Wort “gendern” noch nicht kannte!
    Die Menschin habe ich erfunden oder geprägt! Stimmt, es gibt aber die Göttin und die Teufelin und da würde niemand sagen, daß man nicht bei Verstand ist, wenn man “Göttin sei Dank!”, sagt!
    Ehrlich ich verstehe nicht warum Sie sich da so aufpudeln?
    Es gibt Männer und Frauen und wenn man ein neugeborenes Mädchen besucht, bringt man ihm ein rosa Jäckchen mit und seinem Zwillingsbruder ein blaues!
    Das wäre ja auch gegendert oder unterschieden und das wird jetzt auch angegriffen, bzw. die Frau Rowling, weil die sagte, es gibt nur Männer und Frauen!
    Ich glaube, das ganz ehrlich auch, daß das das Übliche ist und bin auch der Meinung, daß ich als Frau geboren und nicht erst durch die soziale Prägung dazu wurde!
    Deshalb bezeichne ich mich auch als Psychologin und Autorin, möchte in der Bundeshymne auch die Töchter besungen haben und halte es eigentlich eher für Schwachsinn, wenn sich plötzlich bestimmte Männer deshalb aufregen!
    Und jetzt diskutieren wir am besten weiter über Peter Handke und sein Buch, das ich Ihnen wirklich nur empfehlen kann, obwohl er auch endlos lange Sätze schreibt, die Perspektiven wechselt und angeblich langweilig, wie eine Schlaftablette ist!

      • Was verstehe ich nicht, wenn ich “Der Göttin sei Dank, daß ich Psychologin und Autorin bin!”, sage und bei der Bundeshymne “Heimat bist du Töchter, Söhne!”, gesungen haben möchte?

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